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Der Mörder ist immer der Irre

■ Wahnsinn im Krimi: Der ZDF-Thriller „Tödliches Vergehen“ vergeht sich an der Psychoszene (Sa., 20.15 Uhr)

Glaubt man dem Fernsehen, gibt es nur zwei sich ausschließende Gründe, jemanden umzubringen: einen logischen oder einen überraschenden. Dabei ist es eine Binsenweisheit, daß die spannendsten Thrillerplots gerade diejenigen sind, wo der Täter zwar bis zum Schluß ein Unbekannter bleibt, seine Motivation zur Tat aber nicht dem puren Irrsinn, sondern einem genial ausgetüftelten Plan geschuldet ist. Kurzum: Ein guter Thriller pflegt den genialen Wahnsinn, das Fernsehen dagegen verkauft uns den Wahnsinn als dramaturgische Genialität.

Nicht viel Gutes ist also zu erwarten, wenn das ZDF uns mit „Ein tödliches Vergehen“ nun eine Geschichte offeriert, die auch noch im Psychopathenmilieu angesiedelt ist. Ein Irrer geht um. Zwei Psychotherapeutinnen hat er schon auf dem Gewissen. Einzige Gemeinsamkeit der beiden Opfer: Sie hatten – böse, böse! – ein unerlaubtes Verhältnis mit einem ihrer Klienten.

Just zu diesem Zeitpunkt betritt die beruflich erfolgreiche, privat aber eher frustrierte Analytikerin Katharina Sand (Marijam Agischewa) die Psychoszene. Und natürlich passiert ihr genau das, was ihr nicht passieren dürfte: Sie verliebt sich sogleich in ihren ersten Klienten, den Rechtsanwalt Alex Neumann, kämpft minutenlang mit ihren Gefühlen, ihrem Standesrecht, ihrer Proffesionalität – und erliegt, damit es spannend werden kann, dennoch alsbald dem Strudel der Leidenschaft ...

Allzu berechenbar gibt uns Jan Niklas als undurchsichtiger Anwalt Neumann den potentiellen Mr. Hyde im Dr.-Jeckyll-Gewand, als das wir ernstlich glauben können, er sei tatsächlich der gesuchte Serienmörder. Und auch die um ihn herumgebauten Entlastungsfiguren – allen voran der wegen Vergewaltigung vorbestrafte Klinikpatient David – scheiden wegen gar zu großer Verdächtigkeit aus. Bleibt also nur der oder die große Unbekannte. Je unverdächtiger die Nebenfigur ist, um so größer ihre Chance, am Ende als Täter in die Analen der ZDF-Kriminalgeschichte einzugehen.

Das alles wäre nicht weiter schlimm, wenn sich nicht im Showdown am Ende des Film dann doch wieder nur der pure Irrsinn Bahn bricht. Mit wirren Augen und einem blitzenden Küchenmesser (80 Prozent aller Unfälle passieren im Haushalt!) wird sich das in schwarzes Leder gewandete Böse schließlich auch an Frau Sand zu schaffen machen. Wer hätte das gedacht, das der üblen Tat eine unaufgearbeitete Familiengeschichte zugrunde liegt?

Bei solchen dramaturgischen Schludrigkeiten hilft es der Inszenierung nicht, daß die sorgsam breit angelegten Irrwege (sic!) von dem routinierten US-Regisseur Tony Randel allesamt schön ins Bild gesetzt sind. Es bleibt das größte Manko der ZDF-Krimioffensive, daß man in der Eile offenbar keine guten Drehbuchschreiber auftreiben konnte. klab

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