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Der Kunstverein zeigt das Werk von Jimmie Durham

Auf den ersten Blick sehen die Werke Jimmie Durhams aus wie eine verwolpertingerte Version indianischer Folklore. Auf bemalte Tierschädel sind Alltagsabfälle und Häute montiert, Äste in poppigen Farben und Holzschilder geben den Objekten die Aura von Totempfählen, Ornamente und Muster kredenzen die Scheinbarkeit des Authentischen. Doch schon beim näher Herantreten entzündet sich der Zynismus einer Ambivalenz, die das eigene kulturelle Erbe verteidigt, indem dessen Ikonisierung durch Fortentwicklung kritisiert wird. Jimmie Durham ist Cherokee-Indianer und schon in dieser Beschreibung schwingt die ganze Last geliebter Klischees mit, deren Vereinnahmung und politische Nützlichkeit Durham humorvoll attackiert. Etwa in der kleinen „musealen“ Vitrinenshow, in der Durham „authentisch Indianisches“ verfremdet und Zeugnisse weißer Abziehbilder vom Indianer sammelt. Das festgeschriebene Bild der „Rothaut“, wie es Kinderbücher ebenso benutzen wie Andenkenhändler, wird aber von Durham nicht schlicht bloßgestellt. Vielmehr entwickelt er neue Kontexte, in denen die Kritik an der Verethnologisierung und Zerstückelung einer Kultur zu zeitgenössischer Kunst reift, die Kontinuität mit ästhetischer Vision verbindet.

So kritisiert Durham mit seinen Objekten sowohl physikalische Mythen wie künstlerische Indianer-Bilder (Prospero und Caliban, Beuys Coyoten-Performance), erzählt von Übergängen zwischen den Kulturen während der Versklavung Amerikas durch eine Gliederpuppe, die Cortez Geliebte Malinche darstellt, oder zeigt Parallelen im Fetischismus aller Kulturen. Eine ausführliche Würdigung der Ausstellung folgt in Kürze in der überregionalen Kultur.

Text: tlb / Foto: Henning Scholz

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