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Der Kongo-Dialog wird abgebrochen

Bei dem Treffen in Addis Abeba glänzten alle Kriegsführer durch Abwesenheit. In einem Monat soll es weitergehen

BERLIN taz ■ Es sollte das große Versöhnungstreffen werden, auf dem alle politischen und militärischen Kräfte der Demokratischen Republik Kongo ihr seit drei Jahren vom Krieg zerrissenes Land politisch neu gründen. Aber tatsächlich hätte der seit zwei Jahren vorbereitete „innerkongolesische Dialog“, der am Montagnachmittag in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba eröffnet wurde, schlechter nicht beginnen können: Keiner der Kriegsführer war da, und am Mittwochabend wurde er abgebrochen. Der Dialog soll in einem Monat in Südafrika weitergehen.

Kongos Präsident Joseph Kabila blieb in Kongos Hauptstadt Kinshasa, statt nach Addis Abeba zu reisen. Jean-Pierre Bemba, Führer der von Uganda unterstützten Rebellenbewegung MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung), hielt sich in Ruanda auf. Die zweite von Uganda unterstützte Rebellengruppe RCD-ML (Kongolesische Sammlung für Demokratie/Befreiungsbewegung) kam überhaupt nicht. Etienne Tshisekedi, wichtigster ziviler Oppositionsführer des Kongo, weilte in Südafrika. Nur Adolphe Onusumba, Führer der von Ruanda unterstützten größten Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie), machte sich die Mühe, zum Tagungsort zu reisen. Als er merkte, dass seine Rangkollegen nicht da waren, blieb er in seinem Hotel sitzen.

Vor zweitrangigen Kongolesen und einer Reihe verblüffter afrikanischer Staatsmänner durfte dann der internationale Kongovermittler Ketumile Masire aus Botswana eine pathetische Eröffnungsrede halten und erklären: „Wir dürfen keinesfalls die Verlangsamung des Friedensprozesses zulassen, noch weniger seinen Zerfall.“

Das aber ist längst passiert. Masire selbst hatte letzte Woche damit angefangen – mit seiner Entscheidung, wegen Geldmangel die Teilnehmerzahl des Dialogs zumindest für die erste Woche von 330 auf 80 zu begrenzen. Damit war es für Kabila leicht, zu behaupten, diese Dialogrunde sei nur ein „technisches“ Vorbereitungstreffen, das seiner Anwesenheit nicht würdig sei. Seine Kollegen zogen nach.

Der kongolesische Präsident hatte dabei allerdings Hintergedanken. In einer taktisch geschickten und politisch kompromisslosen Fernsehansprache am Wochenende hatte Kabila Junior die Marschroute klargestellt: Eine Umsetzung jedweder Dialogergebnisse ohne vorherigen Rückzug der ausländischen Truppen, die nach Regierungsdarstellung das Rebellengebiet des Kongo besetzt halten, sei undenkbar; zugleich müsse der Dialog zum Ziel haben, „rapide einen Rahmen einzusetzen, der die schnellstmögliche Abhaltung von Wahlen ermöglicht“. Diese beiden auf den ersten Blick widersprüchlichen Forderungen machen zusammengenommen nur dann Sinn, wenn sie als Mittel zum möglichst langen Machterhalt Kabilas in Kinshasa gesehen werden. Als solche wurden sie daraufhin auch prompt von RCD und MLC abgelehnt – die Rebellen und auch Kongos zivile Opposition finden, dass Wahlen vor einem Ende des Krieges und der Teilung des Landes Unsinn sind und vor allem, dass sie nicht von Kabila organisiert werden dürften.

Neben diesem Austausch verhärteter Positionen über die Medien erschienen die Debatten in Addis Abeba nebensächlich. Es drehte sich hauptsächlich darum, wie, wann und wo denn ein richtiger Dialog mit allen maßgeblichen Kriegsführern stattfinden sollte. Von einer „Schlüsselwoche für den Kongo“, in der „das Schicksal das Landes auf dem Spiel steht“, wie es die Zeitung Le Palmarès in Kinshasa einschätzte, kann daher kaum die Rede sein. Außer wenn man die verschleierten Drohungen aller Seiten ernst nimmt, dass das Scheitern dieses Dialogs auch ein grünes Licht für neue Kriegsrunden bedeuten könnte.

DOMINIC JOHNSON

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