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Der König des Afro-Beat verliert seinen Wallfahrtsort

■ Nigerias Polizei räumt den berühmten „Shrine“ des verstorbenen Musikers Fela Kuti in Lagos

Berlin (taz) – Eine der berühmtesten Stätten der afrikanischen Kultur existiert nicht mehr. Der sogenannte Shrine des nigerianischen Musikers Fela Kuti in Nigerias größter Stadt Lagos ist von der Polizei geräumt und teilweise zerstört worden.

Fela Kuti, der 1997 an Aids starb, war der bekannteste Musiker Nigerias und einer der wichtigsten Sänger Afrikas. Sein traditioneller Aufführungsort in der Pepple Street in Lagos war schon zu seinen Lebzeiten ein Wallfahrtsort. Seit seinem Tod setzt seine Band die traditionellen nächtlichen Konzerte zweimal die Woche fort, begleitet von Kutis jüngerem Sohn Seun.

Wie nigerianische Zeitungen jetzt berichten, rückten am Vormittag des vergangenen Mittwoch etwa 20 Polizisten und Gerichtsvollzieher in das weiträumige Gelände ein und warfen das gesamte Mobiliar außer dem Stromgenerator auf die Straße, während die Pepple Street selber von der Polizei abgesperrt wurde. Nach Angaben der Zeitung P.M. News wurden bei der mehrstündigen Räumungsaktion auch Bulldozer eingesetzt, so daß das Konzertgelände jetzt nicht mehr nutzbar ist. Femi Kuti, ältester Sohn des verstorbenen Musikers und selbst Sänger, sprach von „Schäden in Millionenhöhe“. Nur eine Sofortzahlung verhinderte die Pfändung der aus dem Gelände entfernten Gegenstände.

Die Aktion ist offiziell die Vollstreckung eines Gerichtsbeschlusses, der das Eigentum an dem Grundstück der Familie Binitie zuspricht. Das Gelände ist seit Jahren umstritten; direkt nebenan ist eine protestantische Sekte tätig, die die Konzerte und den Drogengenuß im „Shrine“ lautstark mißbilligt. Frau Mene Bilitie hatte 1991 gegen die Familie Kuti um das Grundstück geklagt und 1993 sowie nach einem Berufungsverfahren am 19. Oktober 1998 recht erhalten. Die beiden Parteien einigten sich danach darauf, daß die Familie Kuti das Gelände bis Ende Januar 1999 räumen sollte. Warum nun eine vorzeitige gewaltsame Räumung eingetreten ist, bleibt unklar. Nach einem Bericht des nigerianischen Guardian verneinte ein Mitglied der Familie Binitie, daß es eine Einigung zur freiwilligen Räumung des Geländes gebe.

Die Pepple Street wird nun von bewaffneten Sicherheitskräften bewacht. Die Zerschlagung der beliebtesten freien Kulturstätte in Lagos wirft ein schlechtes Licht auf die offiziell verkündete Liberalisierung unter dem neuen Militärherrscher Abdulsalam Abubakar. Es bleibt nun abzusehen, wie die äußerst einflußreiche Familie des verstorbenen Fela Kuti reagiert – und wie die Behörden damit umgehen. D.J.

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