: Der Koch, der Dieb und der Feinkostjazz
■ Ein Jazzkochbuch in CD-Form: Neues von Bremens Stilmixern „Swim 2 Birds“ auf CD „The Bloody Thumb Cookbook“
Wenn die hier was auskochen, kann sich das Publikum schon mal die Lippen lecken: Der Zutaten sind's reichlich, und zumeist auch vom Feinsten. Nur frische Kräuter kommen hinein, dazu ein paar exotische Gewürze. Das ist die Kunst der Stilmixer von „SwimTwo Birds“. Und so ist auch ihre jüngste Kreation: „The Bloody Thumb Cookbook“. Alles ist angerichtet, um den Hörern ein Geschmackserlebnis erster Sahne zu garantierten – und doch schmeckt's oft ein wenig fade. Der Wunsch nach Kulinarik hat seinen Preis.
Nun geben die sieben Köche der Bremer Jazzgruppe bekanntlich ja ihr bestes, um alles schön abzurunden. All die wunderbaren und -samen Stilschnipsel, die sie links und rechts des Weges der jüngeren Jazzgeschichte auflesen, wollen schließlich in Einklang gebracht sein. Auch, wenn es mal scheinbar wild durcheinandergeht, wenn der Drummer zum Trommler wird, die Gitarre im Bratheimersound umherdröhnt und die Bläser kreuz und quer spielen: Auch dann fügt sich alles unter der sicheren Hand des Arrangeurs, und das schönste Chaos bekommt seine Ordnung.
So klingen die Zutaten für sich erstmal recht spannend. Von den Krachkünstlern der New Yorker Avantgarde hat man sich ein paar dicke Scheiben abgeschnitten (natürlich fallen der Kritik sofort Namen wie John Zorn und John Lurie ein); aber auch altbewährte Bluesschemata und schön melancholische Jazzballaden werden beliehen. Schließlich kommt zu alledem noch der schaurig schöne Sprechgesang des Dichters Jack Marlow, der z.B. das Wunder der Hundeenthauptungsmaschine besingt bzw. bespricht. Das klingt dann ungefähr so:
„Dear Sir,
I would like to inform you that
I have cut off your dog's head.
I can assure you that the process
was quite painless. I used my
self-developed DOG-GUIL-
LOTINE and can guaranty for its
efficiency...“
Daß die Mixtur dennoch ganz unbeschreiblich eigen klingt, das ist die stärkste und wirklich eindrucksvolle Qualität der Gruppe. Aber wahrhaftige Spannung entsteht aus diesen Elementen selten. Die meisten Ideen – schöne Melodien darunter – werden durch das wohlausponderierte Arrangement in Teppichform ausgewalzt. Der schwebt recht schön dahin, erzeugt mitunter so etwas wie tranceartige Wirkung - aber das Strickmuster ist doch meist recht bald durchschaut.
Zudem scheint die Studioatmoshäre die Musiker teilweise eingelullt zu haben. Irgendwo brodelt da zwar ahnungsvoll eine Mordsenergie, aber entfesselt wird sie viel zu selten. Mancher schneidige Bläsersatz wird allzu zahm vorgetragen; manche witzig gedachte Funk-Gitarre wirkt druck- und lustlos eingespielt. Vielleicht war es diesmal einfach des Guten zuviel. Thomas Wolff
Und vielleicht klingt es live ja doch ein wenig beherzter. Am Freitag, 13.5., geben „Swim Two Birds“, ihre „Record-Release-Party“, und zwar um 20.30 Uhr im Schlachthof
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