: Der Foča-Prozess
Gezielte Kriegsgewalt gegen Frauen wird erst seit den Ad-hoc-Tribunalen zum ehemaligen Jugoslawien in Den Haag und zu Ruanda in Arusha international strafrechtlich verfolgt. Bis dahin waren Vergewaltigungen in bewaffneten Konflikten nicht als gesonderter Straftatbestand geführt worden, sondern wurden unter allgemeine Kriegsverbrechen subsumiert und oft nicht verfolgt.
Nach Angaben der UN-Menschenrechtskommission wurden Vergewaltigungen während des Krieges in Bosnien-Herzegowina systematisch als Mittel der Kriegsführung eingesetzt, um Menschen zu erniedrigen und zu terrorisieren. Im sogenannten Foča-Prozess des Haager Tribunals wird drei bosnischen Serben in mindestens vierzehn Einzelfällen Vergewaltigung, sexuelle Versklavung und Folter muslimischer Frauen zwischen April 1992 und Februar 1993 vorgeworfen, als die südostbosnische Stadt Foča von serbischen Soldaten und Paramilitär ethnisch „gesäubert“ wurde.
Der Foča-Prozess begann im März und gilt als weltweit erstes Verfahren, bei dem die Anklage auf sexuelle Versklavung im Rahmen eines militärischen Konflikts basiert. Ein Urteil wird Anfang 2001 erwartet. Den drei Angeklagten droht lebenslange Haft.
Das Tokio-Tribunal
Zwischen 1932 und 1945 wurden etwa 200.000 Frauen aus Korea, China und anderen von Japan besetzten Gebieten zur Prostitution in Bordellen der kaiserlichen Armee gezwungen. Dies wurde jahrezehntelang geleugnet und nie geahndet. Erst 1991 brach eine ehemalige südkoreanische Zwangsprostituierte das Schweigen. Die von Frauenorganisationen vorgelegten Beweise versuchte Japans Regierung zunächst mit dem Argument zu entkräften, die Truppenbordelle seien von Privatpersonen betrieben worden und die betroffenen Frauen seien Freiwillige gewesen.
Erst ab 1992 räumte Tokio allmählich die zentrale Rolle seines Militärs bei der systematisierten Gewalt gegen die Frauen ein und sprach ein halbherziges Bedauern aus. Bis heute hat es weder eine offizielle Entschuldigung für die sexuelle Versklavung noch eine offizielle Entschädigung oder gar Verurteilung der Täter gegeben. Mit einer Ausnahme wurden bisher alle Klagen vor japanischen Gerichten abgewiesen.
Vom 8. bis 12. Dezember führen in Tokio Frauenorganisationen mit hochkarätigen VölkerrechtsexpertInnen ein inoffizielles Tribunal gegen die sexuelle Sklaverei des damaligen japanischen Militärs durch. Es versteht sich als Ergänzung des Tokioter Kriegsverbrechertribunals der Allierten (1946 bis 1948), bei dem systematische Kriegsgewalt gegen Frauen kein Thema war. Ein Ziel ist, dass Japans Regierung sich zu ihrer Verantwortung bekennt und damit dazu beiträgt, dass sich solche Verbrechen nicht wiederholen. SVEN HANSEN
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