: Der Börsengang als Zankapfel
Die Landesregierung will raus aus dem teuren Bergbau, die Gewerkschaft will eine Garantie für dessen Zukunft
Die Zukunft des deutschen Steinkohlebergbaus ist düster. Geht es nach dem Willen der Union, sollen heute konkrete Schritte Richtung Ausstieg beschlossen werden. In Berlin treffen die Ministerpräsidenten der beiden Bergbauländer Nordrhein-Westfalen und Saarland, Jürgen Rüttgers und Peter Müller (beide CDU) auf Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU). Auf der Agenda des Spitzentreffens steht der geplante Börsengang des Essener RAG-Konzerns und die Zukunft der Deutschen Steinkohle.
NRW-Landeschef Rüttgers hatte am vergangenen Wochenende auf dem Landesparteitag der NRW-CDU bekräftigt, dass das Land dem Börsengang der RAG nur dann zustimmen werde, wenn gleichzeitig der Ausstieg aus dem Bergbau beschlossen werde. Dagegen stellt sich die RAG, vor allem aber die Industrie-Gewerkschaft Bergbau Chemie Energie (IGBCE), quer. Deren Vorsitzender Hubertus Schmoldt hatte bereits vergangene Woche gesagt, dass die Gewerkschaft dem RAG-Börsengang nur zustimmen werde, wenn es die Garantie für einen Sockelbergbau gebe: 10 Millionen Fördertonnen pro Jahr und drei bis vier Zechen seien das Ziel. Derzeit fördern die acht DSK-Bergwerke rund 28 Millionen Euro.
„An der Haltung hat sich auch nach Rüttgers‘ Äußerungen nichts geändert“, sagte Christoph Meer, Sprecher der IGBCE. Außerdem habe Rüttgers auf dem Parteitag betont, dass er den Ausstieg sozialverträglich gestalten wolle. „Ohne betriebsbedingte Kündigungen kommen wir frühestens ab dem Jahr 2018 aus.“ Man müsse jetzt erst einmal die Gespräche in Berlin abwarten.
Die Union geht von anderen Zahlen als die IGBCE aus. Ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG hatte ergeben, dass die Folgekosten des Bergbaus bei einem Auslaufen des Bergbaus im Jahr 2014 bei rund 13,7 Milliarden Euro lägen. Abzüglich der gebildeten Rücklagen bliebe ein Deckungslücke von gut 8 Milliarden Euro. Diese wäre bei der Verzinsung von etwa 5,7 Milliarden Euro zu schließen, so das Gutachten. In etwa diesen Erlös erwartet die RAG aus dem Börsengang. NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) hat die Zahlen aus dem KPMG-Gutachten angezweifelt. Bundeswirtschaftsminister Glos beauftragte am Dienstag die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Susat & Partner, ein weiteres Gutachten zum geplanten Börsengang der RAG zu erstellen.
Neben dem Ausstiegsszenario will die Landesregierung die im NRW-Koalitionsvertrag vereinbarte Reduzierung der Steinkohle-Beihilfen um 750 Millionen Euro bis zum Jahr 2010 erreichen. Laut Spiegel will das Land künftig „deutlich weniger“ zahlen als die derzeit rund 20 Prozent der insgesamt jährlich 2,5 Milliarden Euro. HOLGER PAULER