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Der Blechtrommler

Christoph Stölzl, der neue CDU-Chef, haut mächtig auf die Pauke: Mit Werten soll seine Union den Neuanfang schaffen. Zur Wahl stand aber viel altes Personal. Die Generalsekretärin fällt fast durch

von STEFAN ALBERTI

Samstagmittag um kurz nach eins hatte das Warten der Berliner CDU auf ihren 58-jährigen Heilsbringer ein Ende. Der lief Gefahr, den Moment zu verpassen. „Chef, das Ergebnis ist da“, zog Landesgeschäftsführer Matthias Wambach seinen redseligen neuen Boss Christoph Stölzl aus dem Gespräch. 93,4 Prozent der 354 Delegierten des CDU-Parteitags machten den Exkultursenator vom über Wochen designierten zum offiziellen Vorsitzenden der Berliner Union und ihrer 16.000 Mitglieder. Er ist Nachfolger des langjährigen Landeschefs Eberhard Diepgen, der im Februar zurückgetreten war.

Bei der von Stölzl und einer Vorbereitungskommission erarbeiteten Vorschlagsliste für den Rest des 21-köpfigen Vorstands mochten die Delegierten teilweise weit weniger deutlich folgen. Zwar konnte Stölzl den Deutschbänker und CDU-Quereinsteiger Marc Aurel von Dewitz als Schatzmeister klar durchsetzen, Verena Butalikakis hingegen, Stölzls Vorschlag als Generalsekretärin und einzige Kandidatin für dieses Amt, schaffte es gerade mal auf 54 Prozent Zustimmung. 151 Delegierte stimmten gegen die frühere Sozialstaatssekretärin, die einen sicheren Listenplatz für die Bundestagswahl am 22. September hat. „Mehrheit ist Mehrheit“, kommentierte Stölzl. Sie kenne die Partei, „da kann so etwas eben passieren“, sagte Butalikakis.

Stölzl hatte die Delegierten zum Parteitagsmotto „Mit Herz und Verstand“ zuvor in seiner halbstündigen Bewerbungsrede auf einen Neustart der Berliner CDU eingeschworen und sprach von einem „Generationswechsel von hoher Symbolik“. Elf Kandidaten für den 21-köpfigen Landesvorstand präsentierte er als „ganz neu“. Dazu zählt auch der frühere Generalsekretär Gerhard Lawrentz, jetzt Beisitzer.

Vier der sieben stellvertretenden Vorsitzenden wurden auch beim Parteitag im vergangenen Jahr schon zu Vizes gewählt: die Bezirksbürgermeister Joachim Zeller und Marlies Wanjura, der Tempelhofer Stadtrat Dieter Hapel und die stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Monika Grütters. Sie ist die einzige Fraktionsvize im neuen Vorstand, ihre Kollegen Mario Czaja und Kai Wegner sind nicht mehr dabei. Im Vorstand ist Grütters zugleich die einzige bekannte Vertreterin des liberaleren Lagers. Die Exsenatoren Peter Kurth und Wolfgang Branoner und der Abgeordnete Alexander Kaczmarek beispielsweise gehören der Parteispitze nicht an.

In seiner Rede bewegte sich Stölzl nahe an einer Predigt und pries bürgerliche Werte. „Den Fröhlichen in der CDU soll die Zukunft gehören und den Ehrlichen“, sagte Stölzl – „eine Partei, deren Protagonisten sich selbst nicht mögen, mag auch kein anderer.“ Bildhaft forderte Stölzl die Union auf, in Berlin wieder regierungsfähig zu werden und Verantwortung für die Stadt zu übernehmen. Von einer Begegnung am Bahnhof Zoo berichtete er, bei der eine junge Mutter ihrem Kind sorgsamen Umgang mit seinem Plüschtier nahe legte. „Passt schön auf den Bären auf“, rief Stölzl auch den Delegierten in Anlehnung an diese Geschichte und das Berliner Stadtwappen zu.

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