: Der BeRTLsmann
Der RTL-Chefwechsel muss in Gütersloh verdaut werden
Der wichtigste private Medienbetrieb in Nordrhein-Westfalen hat ein Problem: Ausgerechnet der Hauptsender der RTL-Group, die RTL Television in Köln, quietscht und eiert. Das macht keine gute Laune bei Europas größtem Senderverbund – erst recht nicht beim Mutterkonzern Bertelsmann. Denn hier ist die RTL-Group mit ihren europaweit 17 Fernseh- und Dutzenden Radiosendern eine der wichtigsten Erlösquellen.
Der Buchclubbereich, einst die Keimzelle des Bertelsmann-Imperiums, lahmt. Der Bertelsmann-Musicgroup (BMG) soll die Fusion mit Sony Music weiterhelfen. Wirklich stabil ist nur der Dienstleistungsbereich namens Arvato.
Da passt rheinisches Durcheinander nicht ins Konzept. Doch davon gibt es nach dem Abgang des eben erst angetretenen RTL-Chefs Marc Conrad einiges.
Gerhard Zeiler ist offiziell als neuer Oberchef zurück. Eigentlich hatte er Conrad im November installiert, um sich ganz der Leitung der RTL-Group widmen zu können. Jetzt muss Zeiler in Interviews Sätze über sein „hervorragendes Management-Team in Luxemburg und in Köln“ verlieren, das ihm die Last schon nehmen werde: Die neue Spitze mit der Ex-Vox-Chefin Anke Schäferkordt sei auf lange Sicht angelegt.
Conrad beschwerte sich unterdessen, Zeiler habe kaum mit ihm gesprochen. Geld kassieren wird er trotzdem – sein Vierjahresvertrag wird ausgezahlt.
Zeiler selbst hat wenig Lösungen für die RTL-Krise parat. Wie auch, wenn ihm in der Branche angelastet wird, Mitschuld zu tragen: Zeiler habe RTL ausgepresst wie eine Zitrone und so die Programmentwicklung matt gesetzt. Öffentlich flüchtet der Senderchef ins Unverbindliche: Ein Engagement beim Pay-TV wird nicht mehr länger ausgeschlossen.
Der Senderfamilie (RTL, Vox, RTL2, Super-RTL, n-tv) hilft das wenig. Weil die erfolgreiche Schäferkordt jetzt RTL retten soll, klafft beim kleinen Vox eine Lücke. Und noch ein Familienkrach: Beim „Big Brother“-Sender RTL 2 musste der anstrengende wie erfolgreiche Geschäftsführer Josef Andorfer gehen. Für die Aussichten der NRW-Medienpolitik gibt es nur einen Trost: RTL 2 sitzt wenigstens nicht am Rhein, sondern in München. Aber: Bertelsmann bilanziert in Gütersloh. STEFFEN GRIMBERG