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schulz statt ströbeleDer Abschied von Kreuzberg

Vielleicht war es wirklich keine Richtungsentscheidung, die da am Samstagnachmittag im Wedding vollzogen wurde. Vielleicht war es wirklich nur eine ganz normale Mitgliedervollversammlung mit dem für die Grünen ganz normalen Herz für Underdogs, egal welchem Lager sie nun angehören. Nicht der „Reformoptimist“ Werner Schulz hätte demnach am Samstag gewonnen, sondern Werner Schulz, der Außenseiter.

Kommentar von UWE RADA

Für die Grünen ist das Signal dennoch fatal. Mit Christian Ströbele verliert die grüne Bundestagsfraktion nicht nur ihre linke Galionsfigur und mutiert endgültig zum Wahlverein von Joseph Fischer.

Aber auch der Berliner Landesverband kann sich nach dem Abschied von Kreuzberg nun nicht mehr als links begreifen, war er es doch selbst, der Ströbele in die Rente geschickt hat. Und selbst wenn mit Volker Ratzmann demnächst ein Linker den Fraktionsvorsitz übernimmt, wird es wohl kaum eine Antwort auf die Frage geben, wie eine linke Opposition gegen Rot-Rot aussehen kann.

Es ist deshalb kein Zufall, dass Exjustizsenator Wolfgang Wieland bereits die Parole schwarz-grün ausgegeben hat. Eine Koalition mit den Christdemokraten ist nach dem Scheitern von Rot-Grün und der Ampel die einzige Regierungsoption, die den Grünen noch bleibt. Zugleich wäre sie aber ein Wiederauferstehen des Systems Westberlin.

Genau hier liegt aber auch die Chance der Wahl vom Samstag. Bald schon nämlich könnten es Bürgerrechtler wie Werner Schulz sein, die den Kurs der Grünen korrigieren. Nicht mehr in Richtung links oder rechts, das steht bei den Grünen ohnehin nicht mehr zur Debatte. Wohl aber zwischen Ost und West. Immerhin ist das Thema „innere Einheit“ spätestens mit Rot-Rot wieder auf dem Tisch.

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