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Archiv-Artikel

Depressive Teenidole

Was David Cassidy gerade so macht? Er züchtet englische Vollblüter auf seinem Pferdehof. Außerdem wäre von Alkoholabstürzen zu berichten und Depressionen, während er zwischendurch versuchte, als Musical-Sänger Fuß zu fassen, wenn das einen wirklich interessieren würde. Tut es aber nicht. Es ist schließlich bereits ein Weilchen her, dass dieser David Cassidy in Bravo-Starschnittfolgen für die Wand gesammelt werden konnte, um ihm dort zu huldigen, damals, als er das weltgrößte Teenidol war, die Hannah Montana seiner Zeit. Sein Trittbrett zum Ruhm war seine Rolle als ältester Sohn der Partridge Family, eine Sitcom, die ihre Gags entlang des Grundgedankens entwickelte, dass eine verwitwete Mutter mit ihren Kindern in einem umgebauten Schulbus als Popband auf Tour ist. Was natürlich eine vollkommen hippiemäßige Idee ist, auf die man heute mit den ganzen vom Disney-Konzern verwalteten family values gar nicht mehr kommen würde. Eine Familie. Als Popband. Aber es waren eben die Anfangssiebziger. Und genau im Zeitrahmen der Ausstrahlung der Serie im Fernsehen hatte David Cassidy seinen Erfolg. Es waren insgesamt nicht einmal fünf Jahre.

Damit hat dann Britney Spears die Halbwertszeit eines Teenidols längst überschritten. Tatsächlich ist es der aktuellen Bravo-Ausgabe keine fünf Zeilen wert, dass die Sängerin am Sonntag ihr einziges Deutschland-Konzert im Gefolge ihrer „Circus“-Welttour gibt, hier in Berlin.

Bei der Bravo hat man sich von Britney Spears abgenabelt. Das Blatt, dem die aufgeregten Leser des Männermagazins Rolling Stone noch die Verantwortung für sie zuschieben wollten, als sie auch bei der deutschen Ausgabe ihres Magazins statt auf die hier sonst üblichen Mick Jaggers oder Bruce Springsteens halt mal auf Britney Spears auf dem Cover gucken mussten, im Mai 1999, weil eben auch der Rolling Stone sich dem megaerfolgreichen Debüt der damals 17-Jährigen – ihr Album „…Baby One More Time“ war das erfolgreichste Debütalbum überhaupt in den USA und ging eigentlich überall auf Platz eins in den Charts – nicht entziehen konnte.

So lang ist das nicht her. Zehn Jahre.

Die Medien kamen an Britney Spears nicht vorbei, und Britney Spears kam den Medien nicht aus. Sie schauten immer zu. Auch wie sie im Prozess einer Art Individuation in so viele Sackgassen rannte, dass sie heute unter der Vormundschaft ihres Vaters steht. Britney Spears ist 27 Jahre alt. Sie ist kein Teenidol. Brav spielt sie stattdessen einfach wieder weiter die Geldscheißmaschine, die sie megaerfolgreich halt nun mal ist. THOMAS MAUCH

■ Britney Spears: O2-World, Sonntag, 20 Uhr