: Den Garaus machen
■ Kassen: Ärzte schreiben zu oft krank
Was ist besser: Ein Gesunder, der krankgeschrieben wird oder ein Kranker, der nur langsam gesund wird, weil er zu spät krankgeschrieben wurde? Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) stellt sich diese Frage nicht. Vielmehr beklagt er, daß eine Vielzahl Hamburger Ärzte ihre Patienten angeblich „zu schnell“ krankschreibe.
Nach den Berliner Ärzten, so heißt es in einem Brief des MDK an den Chef der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) in Hamburg, seien die Hamburger „Weltmeister“ im Ausstellen von Krankenscheinen. Danach sollen etwa sechs Prozent der Kassenärzte in der Stadt gehäuft Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstellen, um ihr Einkommen zu sichern.
Die Kassenärztliche Vereinigung in Hamburg wies die Vorwürfe am Dienstag als „reine Behauptungen“ zurück. Auch der Präsident der Ärztekammer, Rolf Bialas, verwahrte sich in scharfer Form gegen die „globalen und unbewiesenen Anschuldigungen“. Die Vorwürfe der „Gefälligkeitskrankschreibungen“ seien ehrenrührig. Derartige Beschuldigungen gegen einen ganzen Berufsstand „nennt man Verleumdung“, so Bialas.
Die Fälle seien nicht begutachtet worden, betonte der zweite Vorsitzende der Vereinigung, Michael Späth. Auch sei es ein „alter Hut“, daß Menschen in Großstädten häufiger arbeitsunfähig seien als in ländlichen Regionen. Grund dafür seien vor allem andere Lebens- und Arbeitsbedingungen.
Die Krankenversicherer glauben dagegen, daß der Konkurrenzdruck infolge der hohen Arztdichte in Hamburg Ursache für den lockeren Umgang mit dem Krankenschein sein könnte und fordern ein Pilotprojekt, um den „seit Jahren auffälligen Praxen“ den Garaus zu machen.
kaj/lno
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