: Demoverbot, 5. Versuch
Das OVG Greifswald stellt das Kundgebungsverbot um Heiligendamm wieder her: US-Präsident Bush soll ja keine Demonstranten ansehen müssen
VON CHRISTIAN RATH
Der Streit über die Demonstrationsverbote in Heiligendamm geht weiter. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Greifswald hat überraschend wieder die ursprünglichen Verbote hergestellt und sogar eine Kleindemonstration am Tagungshotel ausgeschlossen. Der für Donnerstag geplante Sternmarsch von Globalisierungskritikern kann deshalb weder innerhalb des Heiligendammer Sperrzauns noch in der weiträumigen Sicherheitszone 2 stattfinden. Ulrike Donat, Rechtsanwältin der Veranstalter der Demonstration, wird wegen des Urteils aber noch am Wochenende das Bundesverfassungsgericht anrufen.
Vor einer Woche hatte das Verwaltungsgericht Schwerin zumindest vier Demonstrationssäulen zugelassen. Diese hätten sich dem Zaun bis auf 200 Meter nähern dürfen. Hiergegen hatten aber sowohl das Demo-Bündnis wie auch die Polizei Beschwerde eingelegt. Anwältin Donat wollte erreichen, dass zumindest eine „Delegation“ von 600 Demonstranten aus unterschiedlichen thematischen Spektren den Protest bis vor das Tagungsgebäude tragen kann.
Das OVG lehnte dies aber ab. Es gebe kein Recht, in Sicht- und Hörweite der Staatsgäste zu demonstrieren. Demonstrationen hätten vielmehr nur den Zweck, die allgemeine Öffentlichkeit zu erreichen. Es dürfe auch verhindert werden, dass protestierende Bürger „in emotionalisierende Nähe eines politischen Besuchers“ gelangen. Zwar hätten Demonstranten grundsätzlich die Selbstbestimmung über Ort, Zeit und Art einer Demonstration. Die Demonstrationsfreiheit müsse aber zurücktreten, wenn die Durchführung des Gipfels wesentlich beeinträchtigt werde.
Gegen die Zulassung einer Kleindemonstration in Heiligendamm spreche, so das OVG, dass die ausländischen Gäste dies als „unfreundlichen Akt“ empfinden könnten. Dies beeinträchtige das Ansehen Deutschlands als „Gastgeberstaat“. Die Pflicht, für die Sicherheit der Gäste zu sorgen, beziehe sich nicht nur auf konkrete Gefahren für Leib und Leben, vielmehr sei es zulässig, Risiken bereits „im Vorfeld“ konkreter Gefahren abzuwenden. Ausdrücklich erwähnt wird, dass der Ablauf des Gipfels gefährdet wäre, wenn eine Demonstration so nahe an US-Präsident George W. Bush herankäme, dass dieser „objektiv Anlass hätte, um seine Sicherheit besorgt zu sein“. Wenn es in der Nähe von Bush zu „nicht mehr zuzuordnenden Bewegungen“ komme, könne dies zu „Missverständnissen“ und damit zur Gefährdung von Personen führen.
Nicht einmal eine Demonstration bis in die Nähe des Zauns wollte das OVG den Gipfelkritikern zugestehen. Das Freihalten der Sicherheitszone 2, die 40 Quadratkilometer um Heiligendamm umfasst, sei nötig, um eine schnelle Verlegung von Polizeieinheiten zu gewährleisten.
Demonstrationszüge auf den schmalen Wegen hätten faktische Blockadewirkung, argumentierten die Richter. Auf eine entsprechende Absicht komme es gar nicht an. Anwältin Donat hatte zwar angeboten, die Landesstraße L 12 als Rettungs- und Verbindungsweg für die Gipfelgäste freizuhalten. Dies war dem OVG aber nicht genug, weil die ausländischen Delegationen zwei Rettungswege gefordert hätten.
Die Richter verwiesen die Demonstranten stattdessen in die nahe gelegene Kleinstadt Bad Doberan. Dorthin könnten sie einen Sternmarsch durchführen, der „ausreichende mediale Wirkung“ bringe. Der vom VG Schwerin genehmigte Sternmarsch habe dem gegenüber den Nachteil, so die OVG-Richter, dass die vier Marschsäulen jeweils vor dem Zaun endeten – ohne Möglichkeit der Vereinigung. Es wird damit gerechnet, dass das Bundesverfassungsgericht Anfang nächster Woche über die Verfassungsbeschwerde der Gipfelgegner entscheidet. (Az.: 3 M 53/07)