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Archiv-Artikel

HAFTSTRAFE FÜR BLOGGER IN ÄGYPTEN HÄLT MEDIENREVOLUTION NICHT AUF Demokratisierung von unten

In der arabischen Welt ist etwas in Bewegung geraten. Seit private Satellitensender wie al-Dschasira und Co mit ihren Programmen die Region aufmischen, haben die bis dahin dominanten Staatssender von Syrien bis Marokko – und damit auch die herrschenden Regime – ihr Informationsmonopol verloren. Und seit es das Internet erlaubt, sich mit Weblogs und in Onlineforen zu Wort zu melden, ist vielerorts eine alternative Öffentlichkeit entstanden.

Es war der Satellitensender al-Dschasira, der über die Vergewaltigung einer sunnitischen Araberin durch schiitische Polizisten in Bagdad berichtete und im Irak dadurch eine Staatsaffäre auslöste. Es waren ägyptische Blogger, die sexuelle Übergriffe gegen Frauen dokumentierten oder Zeugnisse von Folter in Polizeihaft ins Netz stellten. Damit stießen sie eine Debatte an, die auch von den offiziellen Medien nicht mehr ignoriert werden konnte. Zeitungen unterliegen, wie Filme und Bücher, in den meisten arabischen Ländern einer Zensur. Doch Satelliten-TV und Internet sind schwerer zu kontrollieren.

In Ägypten ist nun erstmals ein Blogger zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil er „den Islam“ und Präsident Husni Mubarak beleidigt haben soll. Der 22-jährige ehemalige Jurastudent Abdel Karim Nabil hatte in seinem Blog Mubarak als „Symbol der Diktatur“ bezeichnet und der religiösen Al-Azhar-Universität vorgeworfen, sie vermittle extremistisches Gedankengut.

Das Urteil ist ein Versuch des ägyptischen Staates, die Uhr noch einmal zurückzudrehen. Doch die Medienrevolution, die sich in der arabischen Welt vollzieht, ist so nicht mehr aufzuhalten. Sicher werden einzelne Blogger dadurch eingeschüchtert. Aber es wird nichts daran ändern, dass bisherige Tabuthemen wie Sex, Religion und Politik im Internet inzwischen in ungewohnter Offenheit diskutiert werden können.

Dennoch sollten sich Europa und die USA, wie von Menschenrechtsgruppen gefordert, jetzt für die Freiheit von Abdel Karim Nabil einsetzen. Sie könnten damit zeigen, dass ihnen wirklich an einer Demokratisierung der arabischen Welt – auch mit friedlichen Mitteln – gelegen ist. DANIEL BAX