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Demokratisches Ghana schont Militärs

Berlin (taz) — Die acht Millionen wahlberechtigten Einwohner des westafrikanischen Ghana haben gestern über eine neue Verfassung abgestimmt, die das Militärregime von Leutnant Jerry Rawlings beenden soll. Da sowohl Regierung wie auch Opposition die neue Verfassung unterstützen, steht das Ergebnis so gut wie fest. Am 18. Mai werden dann zum ersten Mal seit dem Militärputsch von 1981 wieder politische Parteien zugelassen; bis Jahresende sind freie Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vorgesehen.

Die Rückkehr Ghanas zur Demokratie geschieht auf Druck der internationalen Geldgeber, die Ghana zum afrikanischen „Musterland“ der Strukturanpassung erkoren und seit 1981 mit 4,2 Milliarden Dollar unterstützt haben. Rawlings, der sich zunächst nach dem Ausbruch politischer Unruhen in den Nachbarländern Elfenbeinküste und Togo im Jahre 1990 gegen die Mehrparteiendemokratie stellte, mußte im April 1991 eine Kehrtwende vollziehen. Vier Tage vor einem Treffen der Geldgeber, das über politische Auflagen für neue Kredite entscheiden sollte, kündigte er einen Konsultationsprozeß für die Demokratisierung an. Auf die Forderung der exilierten Opposition nach einer verfassunggebenden Versammlung ging er jedoch nicht ein. Auch die Pressezensur blieb bestehen.

Der von oben gesteuerte Prozeß erlaubte es Rawlings, in die Verfassung eine Amnestie für während der Militärdiktatur begangene Verbrechen einzufügen — also Menschenrechtsverletzungen und Korruptionsvergehen. Personen, die „in gutem Glauben die Politik des PNDC (Militärjunta, d. Red.) ausführten“, sollten „vor erzürnten Steuerhinterziehern, Wirtschaftssaboteuren und anderen unsozialen Individuen“ geschützt werden, begründete Rawlings die Amnestiebestimmung.

„Das Blut an ihren Händen ängstigt sie“, sagt dazu der 1981 von Rawlings gestürzte Ex-Präsident Hilla Limann, der mittlerweile wieder politisch aktiv ist. In den ersten Jahren nach dem Rawlings-Putsch waren „Volksprozesse“ wegen „Wirtschaftssabotage“ und extralegale Hinrichtungen an der Tagesordnung. Tausende politische Flüchtlinge erreichten Großbritannien und die Bundesrepublik. Das „Vorbeugehaftgesetz“ aus dem Jahre 1982, das die unbegrenzte Inhaftierung von Verdächtigen ohne Gerichtsverfahren erlaubt, ist noch in Kraft. D.J.

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