: Dem Senat geht ein Licht aus
KLIMASCHUTZ Laut dem Entwurf für ein Energiekonzept 2020 müssen deutlich mehr Wohnhäuser energetisch saniert werden. Die Opposition kritisiert das Kompetenzgerangel im Senat und vermisst ein Gesamtkonzept
MARIO CZAJA, CDU
VON SEBASTIAN HEISER
Die Klimaschutzziele lassen sich in Berlin nur mithilfe der Privathaushalte erreichen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Entwurf für das Energiekonzept 2020, das die Berliner Energieagentur im Auftrag des Senats erstellt hat. Damit der CO2-Ausstoß stark genug sinken kann, sei klar, „dass die privaten Haushalte einen großen Beitrag leisten müssen“, meint Energieagentursprecher Volker Gustedt. Laut dem noch nicht veröffentlichten Entwurf sollen bis 2020 jährlich 10.000 Wohnhäuser saniert werden – derzeit sind es nur gut 2.000. Das Ziel beruht auf Vorgaben der Bundesregierung, bis dahin 40 Prozent Kohlendioxidausstoß im Vergleich zu 1990 einzusparen.
Die Kosten der Sanierung können die Hauseigentümer auf die Mieter umlegen. Die sparen im Gegenzug, weil sie weniger heizen müssen. Gustedt: „Sicherlich kommen auf die Gebäudeeigentümer Kosten zu, aber die energetischen Sanierungen führen auch zu erheblichen Einsparungen.“ Laut dem Konzept seien dies 150 Millionen Euro pro Jahr. Ob die Einsparungen die Kosten übertreffen, ist ungewiss – es hängt vor allem davon ab, wie die Energiepreise sich entwickeln.
Auch Verkehr und Industrie müssen ihren CO2-Ausstoß senken, heißt es bei der Energieagentur: „Privathaushalte sind bei weitem nicht die Einzigen, die gefordert werden.“ Ziel ist es, bis 2020 rund 2,6 Millionen von derzeit 4,7 Millionen Tonnen CO2 einzusparen. Bis zu 50 Prozent davon sollen nach dem Entwurf die Versorger tragen, indem sie etwa erneuerbare Quellen in den Energiemix aufnehmen.
Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Mario Czaja kritisierte, die Vorschläge in Sachen Klimaschutz seien „widersprüchlich, untauglich und ungerecht“. Das Konzept der Energieagentur würde sich nicht mit dem Entwurf für ein Klimaschutzgesetz von Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) vertragen. „Das Vorschlagswirrwarr und Kommunikationsdesaster behindern den Fortschritt und vergrößern die Unsicherheit bei Investitionen.“
Der aktuelle Klimaschutzgesetzentwurf Lompschers sieht vor, dass einige Hauseigentümer nach dem Ablauf von Übergangsfristen zu Klimaschutzinvestitionen verpflichtet werden sollen. Sie müssen etwa die Fassade dämmen, sich Sonnenkollektoren für die Warmwassergewinnung auf das Dach montieren oder andere erneuerbare Energien beim Heizen mitverwenden. Ihren ursprünglichen Entwurf musste Lompscher nach Kritik aus der SPD entschärfen. Eine Reihe von Sozialdemokraten lehnt Vorschriften ab, durch die Mieten steigen können. Sie fordern – wie auch die Verbände der Hausbesitzer –, auf konkrete Vorgaben zu verzichten und stattdessen Subventionen an die sanierungswilligen Hauseigentümer zu zahlen.
Grüne sehen Senat gelähmt
Der Grünen-Klimaschutzpolitiker Michael Schäfer kritisiert, der Senat sei gelähmt: „Alle schreiben irgendwelche Konzepte, die Wirtschaftsverwaltung das Energiekonzept 2020, die Umweltverwaltung das Landesenergieprogramm 2015 und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Stadtentwicklungspläne Klima und Verkehr.“
Nach Ansicht von Schäfer könne sich Berlin den Verzicht auf stärkeren Klimaschutz nicht leisten. Der Anstieg der Ölpreise in der ersten Hälfte des Jahres 2008 habe den deutschen Durchschnittshaushalt 650 Euro gekostet: „Es ist eine zentrale sozialpolitische Aufgabe, die Verletzlichkeit der Bürgerinnen und Bürger gegenüber solchen Preissteigerungen zu minimieren, sonst werden sie einen immer höheren Anteil am Haushaltseinkommen insbesondere der Familien mit den geringsten Einkommen ausmachen.“ Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien würden sich in wenigen Jahren auszahlen.