: Dem Himmel so nah
■ Cinepolis: Architekturfilme auf dem Hamburger Fernsehturm
Um originelle Einfälle sind die Macher der Cinepolis-Reihe wirklich nicht verlegen. Präsentieren sie doch ihr Filmprogramm über einige Auswirkungen des Höhenrausches der modernen Architektur nicht in einem Kino, sondern nehmen dafür das höchste Gebäude dieser Stadt in Beschlag – den Fernsehturm. Dafür wurden auf der Aussichtsplattform vier Projektionen installiert, in denen die verschiedenen Filme jeweils mehrmals wiederholt werden. Hoch oben über der Stadt kann man sich also Portraits von Bauwerken und Menschen anschauen, die – anders als etwa James Stewart in Hitchcocks Vertigo – mit der Höhenangst kein Problem haben.
Zum Einstieg gibt es ein wenig Heimatkunde: Mit Fernmeldeturm Hamburg dokumentierte die Oberpostdirektion Hamburg 1967 den Bau dieses Monuments moderner Kommunikationstechnik. Klar, dass – aus der Technikbegeisterung der 60er-Jahre heraus – dessen Fertigstellung darin euphorisch gefeiert wird. Auf ein ungleich berühmteres Bauwerk, den anfangs gehassten Eiffelturm, zog es den französischen Film-Avantgardisten René Clair für La Tour im Jahr 1928: Mit kühnen Kamerafahrten zelebriert er darin die Schönheit und Eleganz dieses Wahrzeichens von Paris. Aber schon fünf Jahre zuvor hatte Clair auf dem Eiffelturm gedreht: In Schlafendes Paris sind ein sich dort aufhaltendes junges Paar und eine Besuchergruppe die einzigen Menschen, die nicht durch die Erfindung eines verrückten Wissenschaftlers plötzlich in einen Tiefschlaf fallen.
Immer höhere Gebäude zu entwerfen und zu errichten ist das eine, diese dann auch instand- und sauber zu halten das andere. Jules Buchers Window Cleaner von 1945 beschreibt die Arbeit eines unerschrockenen Fensterputzers in Manhattan, der sich in aller Ruhe von den schäbigen Erdgeschossen zu den höchsten Stockwerken der Wolkenkratzer hocharbeitet. Fens-terputzen als Herausforderung begreifen die Protagonisten in Silke Fischers Video Putzen in Paris. Je unzugänglicher die Fenster oder die auf den Dächern angelegten Rasenflächen, desto größer der Nervenkitzel. Einen Fensterputzer, der sich bei der Arbeit in eine Kellnerin verliebt, zeigt dagegen Veit Helmers (Tuvalu) Kurzspielfilm Der Fensterputzer. Wie es sich anfühlt, von einem Hochhaus zu springen, vermittelt Bungee. Von dabei aufkommenden Schwindelgefühlen erholen kann man sich in Richard Serras Railroad Turnbridge. Der amerikanische Bildhauer verfolgt darin die grundlegenden Funktionen einer drehbaren Eisenbahnbrücke. Bei aufmerksamem Hinsehen ergeben sich darin eine Reihe faszinierender Perspektiven.
Eckhard Haschen
Donnerstag, 20.30 Uhr, Fernsehturm, Lagerstraße 2-8, Einführung: Lasse Ole Hempel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen