: De Maiziere besteht auf Berlin als Hauptstadt
München/Bonn (ap) - DDR-Ministerpräsident Lothar de Maiziere hat eine Entscheidung für Berlin als Hauptstadt des vereinigten Deutschlands zur Bedingung für den zweiten Staatsvertrag mit der Bundesrepublik gemacht. Dieser wichtige Punkt müsse geregelt sein, „bevor der Vertrag unterschrieben werden kann“, sagte de Maiziere in einem Interview mit der Illustrierten 'Bunte‘. Er kritisierte die Haltung von Bundeskanzler Helmut Kohl, die Hauptstadtfrage offen zu halten, solange sowjetische Truppen in und um Berlin stehen. „Wer ein bestimmtes Faktum nicht will, wird immer Gründe finden und sagen, deswegen geht's nicht“, sagte der ostdeutsche Regierungschef.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth und der saarländische Regierungschef und SPD-Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine erneuerten dagegen übereinstimmend ihre Bedenken gegen eine schnelle Verlagerung der Hauptstadt -Funktion von Bonn nach Berlin. „Gegen was ich bin ist, daß man jetzt so tut, als ob die allerwichtigste Aufgabe in der nächsten Zeit sei, alle Behörden nach Berlin zu verlegen“, sagte Späth in einem Interview der ZDF-Sendung „Bonn direkt“. „Also, ich hab‘ was gegen eine neue Berlin -Euphorie.“ Späth kündigte an, die Ministerpräsidenten der Länder würden sich nach der Sommerpause einmal „sehr intensiv“ mit dieser Frage beschäftigen. Ohne konstruktive Mitwirkung der Länder könne es in der Hauptstadtfrage keine Einigung geben.
Lafontaine bezeichnete in der gleichen Sendung Probleme der Arbeitslosigkeit und der Umweltverschmutzung in der DDR als vorrangig gegenüber einer Verlagerung der Hauptstadt, die zu erheblichen Kosten führe. Beide Ministerpräsidenten wiesen darauf hin, daß in einem zusammenwachsenden Europa ohnehin nationale Fragen zunehmend an Bedeutung verlören. Späth sagte, ihm kämen „zunehmend Zweifel, ob es nicht besser wäre, wir würden zuerst einmal zuwarten und vor allem die europäischen Strukturen überlegen, denn wir diskutieren noch dieses Jahr über das europäische, politische Europa“. Überlegungen für europäische „Funktionsstädte“ könnten dabei auch „helfen, so ein bißchen aus der reinen Nationaldiskussion herauszukommen“.
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