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■ Schöner LebenDauerläufer

Sportbekleidung, so weit ich es zu erinnern vermag, galt eigentlich immer als das Allerletzte, soweit sie außerhalb des Sportplatzes getragen wurde. Wer im unmodernen Stretchlook einer Adidas-Traningshose z.B. am Tresen oder sonstwo im öffentlichen Leben auftrat – dem war der Hohn der ordentlich bekleideten Bürger, wenn nicht ein Platzverweis sicher, da doch einwandfrei die Regeln des guten Geschmacks verletzt wurden. Nichts aber wandelt sich schneller als die Regeln des guten Geschmacks, ausgenommen vielleicht die Sportbekleidung.

Wir reden hier nicht von der sog. „Sportswear“. Sondern von jener Sorte Turnklamotte, die unter dem sportiven Namen „Jogginganzug“ grassiert. Anders als der olle Trainingsanzug ist er nämlich rundum gesellschaftsfähig; ja: der „Jogginganzug“ ist gewissermaßen das in Kunstseide gegossene Abbild unserer Gesellschaft selbst. Darinnen tummeln sich, nach einer ersten Übersicht, ungefähr drei Typen von „Jogginganzug“-Trägern.

1.) Der Lässig-Komfortable: trägt tagsüber zwar noch alteingesessenen Zweireiher; nach Feierabend aber schlupft er für den Rest des Tages in seinen „Freizeitdress“, um so zu signalisieren: Bin außer Dienst, mir geht's prima, ihr könnt mich alle mal bzw. Schatzwobleibtdasbecks.

2.)Der Quasi-Sportive: besticht durch bestimmtes, ganztägiges Auftreten in Joggingkluft; schlappt lässig durch Fußgängerzonen, Supermärkte und Kneipen und bringt so ein wenig heimelige Couchatmosphäre (s.o.) in unsere trostlosen Innenstädte – das will uns sagen: Ich bin eigentlich gar nicht da, sondern in Wahrheit zuhause, vorm warmen Fernsehdauerfeuer, irgendwie.

3.)Der Jogger: ...wie? Den gibt's gar nicht mehr? – Dann eben nicht. tom

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