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Datenschutz bei Chip-Karten problematisch

■ Datenschutzbericht vorgelegt / Kritik wegen Speicherung von Olympia-Gegnern

Mit einiger Zufriedenheit präsentierte der Datenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka gestern den Datenschutzbericht 1993. „Das Datenschutzniveau in Berlin“, resümierte er, „ist sehr hoch.“ Berlin sei das einzige Bundesland, in dem der Bürger sich umfassend über den Umfang informieren könne, „in dem Daten über ihn durch die öffentlichen Verwaltungen verarbeitet werden“. Garstka wandte sich in diesem Zusammenhang entschieden gegen Überlegungen, das landesrechtlich verbriefte Auskunfts- und Einsichtsrecht wieder auszuhöhlen.

Grundsätzliche Probleme und restriktive Regelungen machte Garstka allerdings in der Auskunftspraxis aus. Wer etwa vom Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Auskunft über seine Daten haben wolle, müsse erst ein besonderes Interesse nachweisen. Darüber hinaus gebe es Fälle, in denen das LfV Auskunftssuchende schriftlich befrage, ob sie „im extremistischen Spektrum“ in Erscheinung getreten seien.

Ihr Fett bekam einmal mehr auch die Polizei ab. Die Eintragung von 217 mutmaßlichen Olympia-Gegnern in das „Informationssystem Verbrechensbekämpfung Berlin“ (ISVB) hält der Datenschutzbeauftragte für schlicht „rechtswidrig“ und eine „Stigmatisierung“ der Betroffenen. In dieser Eintragung wurde die Polizei aufgefordert, jeden Vorgang über die betreffenden Personen sofort an den Staatsschutz weiterzuleiten. „In drei Fällen“, heißt es im Bericht dazu, sei die Prüfung des Datenschutzbeauftragten zum Anlaß genommen worden, „den personenbezogenen Hinweis bei den Betroffenen zu löschen, da nicht mehr nachvollziehbar war, warum er überhaupt vergeben worden war“. Nach dem Berliner Olympiadebakel in Monaco werden im ISVB nun noch die Daten von 137 Personen gespeichert, die sich „militant gegen Umstrukturierungsmaßnahmen im weitesten Sinne richten“. Diese Praxis wird vom Datenschutzbeauftragten derzeit ebenso noch geprüft wie der Fall eines taz-Reporters, dessen Daten die Polizei an die monegassischen Behörden weitergegeben haben soll.

Ein besonderes Augenmerk des Datenschutzbeauftragten gilt derzeit der möglichen Einführung von „Chip-Karten“ im Zahlungsverkehr: Unbedenklich sei hier nur das „Pre-paid-System“, bei dem mit einer vorab mit einem Betrag „geladenen“ Karte bezahlt werde. Nachträgliche Abrechnungen vom Konto („Post-paid-System“) seien dagegen ausgesprochen problematisch, da sie die Erstellung etwa von Bewegungs- oder Konsumbildern ermögliche.

Das gleiche gelte auch für die ab 1995 einzuführende Krankenversicherungskarte. Hier sei zu gewährleisten, daß medizinische Daten nur mit Einwilligung des Patienten gespeichert werden dürften. Des weiteren sei die bereits übliche Praxis, die Datenverarbeitung der öffentlichen Hand zu privatisieren, durch weitreichende Kontrollen und Regelungen datenschutzrechtlich abzusichern.

Insgesamt warnte Garstka davor, den Datenschutz durch unnütze Diskussionen auszuhöhlen. Wer – wie in der Debatte um den Großen Lauschangriff – behaupte, der Datenschutz verhindere die Verbrechensbekämpfung, argumentiere unsachlich und mache sich zum Fürsprecher von Eingriffen gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, meinte Garstka. wera

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