piwik no script img

Dasa „in hohem Maße unanständig“

■ Betriebsversammlung bei Airsbus Bremen: Polit-Prominenz steht der Belegschaft bei

„Wenn die Belegschaft fliegt, bleibt der Airbus am Boden“, mit diesem starken Spruch kündigte Airbus-Betriebsratsvorsitzender Uwe Neuhaus nach der gestrigen Betriebsversammlung an, daß in einem zukünftigen Arbeitskampf „alles möglich“ sei, auch Betriebsbesetzungen. Der aus München angereiste Technik-Geschäftsführer der „Daimler-Benz Aerospace Airbus“, Gerhard Eisen, war auf Versammlung ausgepfiffen worden – ein bei der Airbus bisher undenkbarer Vorgang. Eisen hatte versucht, den Beschäftigten die Grundlagen und Ziele des McKinsey-Schrumpfungsprogramms „Dolores“ zu erklären und laut Betriebsrat nichts von dem zurückgenommen, was an Spar-Zielen dort niedergelgt worden ist. Für den Dasa-Luftfahrt-Standort Bremen kann das einen Arbeitsplatz-Abbau von derzeit 2.955 auf bis zu 647 Mitarbeitern im Jahre 1998 bedeuten (vgl. auch Bericht Seite 7 und taz vom 19.8.)

Eisen hatte den Betriebsräten lediglich angeboten, sie könnten in den nächsten 14 Tagen selbst Vorstellungen entwickeln sollten, wie die gesteckten Spar-Ziele zu erreichen seien. Das aber ist für den Betriebsrat keine akzeptable Gesprächsgrundlage, versicherte Neuhaus. Die Dasa-Entscheidung sei eine „Ein-Mann-Entscheidung“ von Daimler-Benz-Chef Jürgen Schrempp, der einen Dollar-Kurs von 1,35 Mark für 1998 einfach einmal unterstellt habe. Das Dasa-Rationalisierungsprogramm hat zum Ziel, die Gewinne bis zum Jahre 1998 auf 1,2 Milliarden zu steigern und damit „den Aktionären etwas Gutes zu tun“, es sei eine „hausgemachte Krise“. Im vergangenen Jahr 1994 hatte der Luftfahrt-Bereich der Dasa, die Airbus, 259 Millionen Gewinne abgeworfen. Wichtige Anteilseigner seien das Scheichtum Kuweit und die Deutsche Bank. „Die hungern auch nicht, wenn mal 'ne schwarze Null geschrieben wird“, meinte Neuhaus sarkastisch.

Auf der Bremer Betriebsversammlung waren einige Polit-Prominente aufmarschiert, um der Belegschaft ihre Solidaritäts-Adressen zu überbringen. Bremen Wirtschaftssenator Hartmut Perschau (CDU) mahnte die Dasa, daß Geschäfte nur mit Kreativität und nicht mit Sanierung zu machen seien. Die Erhaltung der Luft- und Raumfahrt-Industrie sei „von existentieller Bedeutung für den Industrie-Standort Deutschland“. Zur Unternehmens-internen Konkurrenz sagte er: „Die großen Standorte im Norden sind Hamburg und Bremen und nicht Hamburg statt Bremen.“ Die Bundesregierung müsse „vor allem im militärischen Bereich, aber auch im zivilen Bereich der Raumfahrtindustrie klare Entwicklungs- und Auftragsperspektiven“ vorgeben.

„Die geplante Gewinnmaximierung bei der Dasa auf Kosten des Abbaus von Personal zu realisieren, ist in hohem Maße unanständig“, erklärte Häfensenator Beckmeyer auf der Betriebsversammlung. Er forderte von der Bundesregierung eine Entscheidung über ein Nachfolge-Objekt der Transall, für die in Bremen die Flügel gefertigt werden sollen. Auch von einem Nachfolge-Projekt des Jägers 90 würde Dasa-Bremen etwas haben.

Die „Gemeinschaft unabhängiger Betriebsräte“ (GUB), eine Gruppierung IGM-unabhängiger Betriebsräte, äußerten den Verdacht, daß „die gezielte Dolres-Veröffentlichung dazu dient, die Dasa-Belegschaft weichzuklopfen, damit diese dankbar ist, wenn es nur halb so schlimm kommt“. Man solle zuerst bei den Ausgaben für Unternehmensberater wie McKinsey sparen. Der überteuerte Einkauf von Dornier und Fokker habe in die Krise geführt, der Vorstandsvorsitzende Schrempp solle „die Luftfahrtindustrie Deutschlands zurückgeben“.

Die norddeutschen Bundesländer sollen gemeinsam für den Erhalt bedrohter Arbeitsplätze bei der Dasa Airbus GmbH kämpfen, sagte Gerhard Schröder am selben Tag nach einem Treffen mit Scherf in Hannover: „Man muß in Norddeutschland mit einer Stimme sprechen“. Die Sanierungskonzepte der Führung des Luft- und Raumfahrtkonzerns unter dem Stichwort „Dolores“ dürften nicht realisiert werden. Die Sicherung der Arbeitsplätze erscheint Schröder möglich, weil sich der Airbus, um den es in Norddeutschland vor allem gehe, auf dem Weltmarkt durchgesetzt habe. Bund und Länder müßten der Dasa klarmachen, daß man Arbeit gelegentlich subventionieren müsse. K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen