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Das chilenische Modell

■ betr.: "Einst verpönt, nun hofiert", taz vom 9.1.92

betr.: „Einst verpönt, nun hofiert“, (Chile auf dem Weg zum Wirtschaftsvorbild Südamerikas), taz vom 9.1.92

Welcher Teufel hat Euch geritten, Chile als das Wirtschaftsvorbild „vieler lateinamerikanischer Staaten“ zu präsentieren und wirtschaftliche Erfolge der Pinochet-Diktatur zu behaupten? [...] Das chilenische Modell hat gezeigt, daß ein Land im abhängigen Kapitalismus (...) nicht die Entwicklungsprozesse der Metropolen nach —beziehungsweise aufholen kann— selbst wenn ein autoritäres, menschenverachtendes Regime über mehr als ein Jahrzehnt hinweg den neoliberalen Wirtschaftstechnokraten alle gewünschten Voraussetzungen schafft: restriktive Arbeitsgesetzgebung, Verbot oder Knebelung der Gewerkschaften, radikale Öffnung des Marktes für ausländische Produkte bei gleichzeitig geringen Zöllen und minimaler Besteuerung, Privatisierung staatlicher Unternehmen, Verkauf von natürlichen Ressourcen zu Schleuderpreisen etc. Ich setze in diesem Zusammenhang voraus, daß Eurer Redaktion bekannt ist, daß heute etwa 40 Prozent der chilenischen Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze lebt. Der Reallohnindex lag 1987 bei 64,6 Prozent im Vergleich zu 1970.

Auch den „erneuten“, in die Regierungsverantwortung eingebundenen Sozialisten in Chile sei gesagt: Wer den Hinweis auf die sozialen und ökologischen Kosten der makroökonomischen Erfolge als anachronistische, linke Spinnerei abtut, macht sich mitverantwortlich an der systematischen Unterdrückung jeglicher internationalistischer Emanzipations- und Befreiungstheorien. Ungehindert triumphiert der Kapitalismus. [...] Wigbert Flock, Chile-

Informationsbüro Münster e.V.

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