: Das Zwei-Säulen-Modell kommt
Die Bürgerschaft hat einen ersten Schritt hin zu einem radikalen Umbau des Schulsystems in Hamburg gemacht. Im August 2009 soll das Zwei-Säulen-Modell eingeführt werden
VON SVEN-MICHAEL VEIT
Eine Hoffnung dürfte sich kaum erfüllen: Das so lange, heftig und großenteils ideologiefixiert diskutierte Schulthema wird sich aus dem Hamburger Bürgerschaftswahlkampf kaum heraushalten lassen. Relativ moderat im Ton debattierte die Bürgerschaft gestern zwar über den jüngst vorgelegten Bericht der Enquete-Kommission zu den notwendigen Konsequenzen der Pisa-Studie – über die konkrete Umsetzung gleichwohl herrscht weiter Uneinigkeit.
Auf das Gymnasium lässt die CDU-Mehrheit weiterhin nichts kommen, stellten ihre Bildungspolitiker Robert Heinemann und Marino Freistedt klar. „Der Leistungsgedanke muss gestärkt werden“, finden sie, und Schulsenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) hofft in erster Linie „auf bessere Abiturnoten“ und mehr Abiturienten. Deshalb solle eine neue Stuktur aus Gymnasien und Stadtteilschulen zum August 2009 eingeführt werden.
Zudem setzte die Regierungspartei eine Refom der gymnasialen Oberstufe durch. Deutsch, Englisch und Mathematik sollen künftig in vierstündigen Grundkursen unterrichtet werden, sofern sie nicht als Leistungskurs gewählt wurden. Dafür werden andere Fächer um eine auf zwei Stunden gekürzt. „Restkurse“ zum bloßen Absitzen würden das, warnten Sprecher von SPD und GAL, zudem werde die weitgehend individuelle Kurswahl eingeschränkt. Sie forderten in einem gemeinsamen Antrag stattdessen eine „Profiloberstufe“ mit stärker projektorientiertem Unterricht. Die Union lehnte den Antrag ab.
Der Hauptstreitpunkt auch in den nächsten Monaten aber wird die Frage sein, ob die SPD nicht doch, wie Heinemann vermutet, „heimlich für eine linke Einheitsschule ist und das Gymnasium abschaffen will“. Bei der GAL liegt der Fall klar: Die Grünen treten seit langem für eine „Schule für alle“ bis zur neunten Klasse nach skandinavischem Vorbild ein, wie ihre Fraktionschefin Christa Goetsch gestern erneut bekräftigte.
Die SPD hingegen will das zwar „mittelfristig“ auch, wie Schulpolitiker Gerhard Lein erklärte. Zunächst aber favorisieren die Sozialdemokraten ihr Zwei-Säulen-Modell aus Stadtteilschulen und Gymnasien, die jedoch “deutlich reformiert“ werden müssten. Bei den Gymnasialempfehlungen nach der vierten Klasse würde es demnach bleiben, obwohl sich diese in der Realität „zu 40 Prozent als falsch erweisen“, wie Goetsch erinnerte, und zur hohen Abbrecherquote führen.
Die Schule für alle sei aber nicht gegen den Elternwillen durchsetzbar, will die SPD erkannt haben. Deshalb fährt sie vorerst zweispurig weiter. Und wird sich im Wahlkampf gegen den Vorwurf der Union wehren müssen, eigentlich die Einspurigkeit zu wollen.