piwik no script img

Archiv-Artikel

Das Wort zum Sabbat

betr.: „Kündigung der Verkündigung“

Zu Recht kritisiert die Verfasserin das heuchlerische ZDF-Argument, mangels einer muslimischen Dachorganisation müsse ein Wort zum Freitag von einer christlichen Organisation verantwortet werden. Dazu sollte man wissen, dass sämtliche jüdischen Sabbat-Sendungen in den Regionalprogrammen der öffentlich-rechtlichen Radioprogramme von der jeweiligen Redaktion Kirchenfunk, also letztlich von christlichen Theologen verantwortet werden, obwohl dies nach ZDF-Logik nicht so sein dürfte, da es mit dem Zentralrat der Juden eine jüdische Dachorganisation gibt. Letztlich befinden also christliche Hauptamtliche, welche jüdischen Inhalte und Sichtweisen ausgestrahlt werden. Die jüdischen Mitarbeiter haben den Status von „festen Freien“. Es hängt von der Haltung, dem Wohlwollen und der Interessenlage der christlichen Redaktionsleiter ab, welchen Spielraum die jüdischen „festen Freien“ haben und ob und in welchem Rahmen und Umfang die von ihnen als wichtig befundenen Themen gebracht werden oder nicht.

Das Problem ist also die Haltung der Angehörigen der Mehrheitskultur, die Birgit Rommelspacher unter dem Stichwort „Dominanzkultur“ analysiert hat. Die Christen halten es für völlig selbstverständlich und legitim, dass sie für Minderheitenthemen kompetent und zuständig sind, was sie in der umgekehrten Konstellation nicht tolerieren würden. Die Anregung von Frau Sezgin, man möge auch muslimische – und ich füge hinzu: jüdische – Mitarbeiter einstellen, denn dann müssten die Angehörigen der Mehrheitskultur sich zumindest regelmäßig deren Kritik aussetzen, wird wohl noch einige Zeit Utopie bleiben, denn hier geht es um Privilegien der Deutungshoheit, und die lassen sich Christen, auch was muslimische und jüdische Themen betrifft, nicht nehmen. IRIS WEISS, Berlin