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Archiv-Artikel

Das Wahlergebnis im Kongo spiegelt die Konflikte des Landes Spaltung im Namen der Demokratie

Als im Kongo Krieg tobte und Warlords das Land unter sich aufgeteilt hatten, waren sich die meisten Kongolesen einig: Der Kongo wird nicht zerfallen, unsere nationale Identität ist stärker als jeder Bürgerkrieg, und über kurz oder lang wird die nationale Einheit wiederhergestellt. Jetzt hat der Kongo seine ersten freien Wahlen erlebt, und das Ergebnis ist eine tiefe Spaltung des Landes.

Die früheren Kriegsgebiete im Ostkongo haben massiv für den amtierenden Präsidenten Joseph Kabila gestimmt, der im Krieg den Westen des Kongo regierte und gegen die im Osten herrschenden Rebellen kämpfte. Der Westkongo hingegen hat sich nahezu komplett von seinem Präsidenten abgewandt und zwingt diesen nun in eine Stichwahl gegen den zweitplatzierten ehemaligen Rebellenführer Jean-Pierre Bemba. Der teilt sich die Provinzen des Westens mit anderen Oppositionellen.

Dass es eine Stichwahl gibt, ist gut. Wäre Kabila bei über 50 Prozent gelandet, hätten seine Gegner von Wahlbetrug gesprochen und zum Aufstand geblasen. Der zweite Wahlgang zwingt die heterogenen politischen Lager des Kongo außerdem dazu, sich entlang der Polarisierung Kabila – Bemba und damit in einem nationalen Rahmen zu sortieren.

Aber die Art, wie das geschieht, gibt Anlass zur Sorge. Denn die Polarisierung zwischen Kabila und Bemba erscheint als Spaltung zwischen Ost und West, deren Frontlinie der des Kriegs verblüffend ähnlich ist. Anders als zu Kriegszeiten wird diese Spaltung von den Politikern des Landes nicht mehr im Namen der Friedenssuche negiert, sondern im Namen der Demokratie auf die Spitze getrieben. Es mehren sich Stimmen im Westkongo, die die Ostkongolesen nun pauschal als Ausländer, Schmuggler und Kriegsverbrecher abstempeln, während im Kabila-Lager des Ostens der Westen um Kinshasa als Hort treuloser Landesverräter beschimpft wird. Dass Kabila und Bemba keine einzige der vielen einheimischen Sprachen des Kongo gemeinsam haben und völlig unterschiedlichen Kulturkreisen entstammen, gibt dieser Stichwahl einen regionalistischen, wenn nicht gar tribalen Beigeschmack. Wer hoffte, mit dem Beginn freier Wahlen im Kongo sei die Zeit des Konflikts überwunden, hat sich zu früh gefreut. DOMINIC JOHNSON