: Das „Tribunal“ ist abgesagt
■ Bürgerrechtler werden „Forum zur Aufklärung und Erneuerung“ gründen/ Forderung nach „innerem Frieden“
Leipzig (ap/taz) — Ein „Forum zur Aufklärung und Erneuerung“ soll am 22. März in Leipzig gegründet werden. Damit solle der Öffentlichkeit verdeutlicht werden, daß nicht nur die Vergangenheit aufgearbeitet werde, sondern auch der Weg in eine Zukunft gefunden werden solle, in der Täter und Opfer in eine „erneuerte Gemeinschaft treten können“, sagte der Initiator, der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Ullmann vom Bündnis 90. Die Aufklärung einer belasteten DDR-Vergangenheit werde im Mittelpunkt der Arbeit des Forums stehen.
„Zweck des Vereins ist die Mitwirkung an der konkreten Aufklärung und Bewertung der repressiven Wirkungsmechanismen des DDR- Systems und der Aufarbeitung der damit verbundenen deutschen Geschichte sowie die Forderung des inneren Friedens im vereinten Deutschland und der Verständigung zwischen Ost und West“, heißt es in der Satzung des Forums, auf die sich Bürgerrechtler sowie Politiker aus Ost und West einigten. Ziel sei eine „andere Art des Umgangs mit den Stasi-Akten und dem tyrannischen Vorgehen der SED“, erklärte Ullmann. Die Bezeichnung „Tribunal“ sei deshalb nicht gewählt worden, weil jede Mißdeutung einer „willkürlichen Sondergerichtsbarkeit“ ausgeschlossen werden solle. Die Teilnehmer der Beratung, unter ihnen der Bürgerrechtler Gerd Poppe und der Wittenberger Pfarrer und Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer, beschlossen, die Gründung des Vereins zu verschieben. Als Grund wurde genannt, daß einige wichtige Bürger und Institutionen am Samstag in Leipzig nicht hätten anwesend sein können.
Täter, Opfer und Mitläufer sollen im Leipziger „Forum zur Aufklärung und Erneuerung“ miteinander ins Gespräch kommen. Es soll jedoch weniger eine Dachorganisation für regionale Fachkonferenzen werden, sondern eine Koordinationsstelle für die verschiedensten Initiativen. Eine sachliche Aufklärung und nicht Sensationsenthüllungen stünden im Mittelpunkt, hieß es.
Pfarrer Schorlemmer hatte zu Beginn das Forum als „ein offenes Gremium für alle“ bezeichnet, die an einer ernsthaften, differenzierten Aufarbeitung der Vergangenheit interessiert seien. Hatz und Verhetzung müßten aufhören, lautete seine Forderung. Erregt hatte Schorlemmer den Vorwurf zurückgewiesen, die Ostdeutschen seien ein „Spitzelvolk“. Das alltägliche Leben in einem Staat, in dem die Menschen „bis zu 95 Prozent funktioniert haben“, müsse jetzt zur Sprache kommen.
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