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Archiv-Artikel

Das Straßenbild

Die Reklamerezension. Heute: An der Fleischtheke

Von jul

Frau Consul – erotisch, elegant, mächtig – lässt bitten. Natürlich nicht neben sie auf die Couch, so intim sind wir nicht. Und erheben wird sich die Lady für meinen Besuch anscheinend auch nicht. Ich stehe vor dem Plakat und vor der hochdekorierten Frau Consul und bin ein bisschen unschlüssig.

Im Grunde ist die Idee ja gar nicht schlecht. Endlich mal eine Frau als sexuelle Ausbeuterin. Eine radikale Umkehrung immer noch herrschender Verhältnisse mit der Hoffnung, dass der Umsturz sich irgendwann ins Gleichgewicht einpendeln wird.

Ich habe mal ein Praktikum bei einem hier besser nicht genannten Prestigeblatt gemacht. Dort sollte ich für eine Redakteurin über die Sekretärin eines der Oberbosse einen Interviewtermin vereinbaren. Ich rief sie an, erklärte ihr die Situation. „Wer sind Sie?“, fragte das andere Ende pikiert. „Eine Praktikantin? Ich glaube nicht, dass ich mich von einer Praktikantin anrufen lassen muss“, und schon erscholl der Freiton an meinem Ohr. Aufgelegt.

„Frau Consul läßt bitten.“ Wen denn eigentlich? Wohl jemanden, der ähnlich drauf ist wie jene Sekretärin. Doch wenn man genauer hinschaut, dann wirkt Frau Consul alles andere als entspannt. Die Halbwüchsigen wuchten ihr ganz schön die zarten Schenkel in die Seite. Dabei nimmt die hagere Frau mit der Taillenkette nun wirklich nicht viel Platz weg.

Richtige Lustknaben hat sie sich da auch nicht geangelt. Der Rechte, der mit der verschämten Ikonengestik, blickt über das aufreizende Strumpfband hinweg auf die Hand, die die Oberschenkelhaut des anderen tätschelt. Der Linke spreizt die Beine und blickt leicht angewidert auf den Betrachter. Es scheint, als wäre die Tischtennisplatte in der Frohen Botschaft gerade voll besetzt. Die Buben haben nichts zu tun. Sie langweilen sich.

Und Frau Consul? Wie sie so dasitzt, fast ängstlich die Jungsknie umfassend, scheint sie eher flehentlich auf mich zu schauen. Ja, das ist es. Sie braucht meine Hilfe. Alleine schafft sie die adoleszenten Knaben nicht. Frau Consul, harren Sie aus, ich komme! jul