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Archiv-Artikel

STADTSCHLOSS BERLIN: EIN IRONISCHES GEBÄUDE Das Spiel ist noch nicht vorbei

Seit gestern ist klar: Das Schloss in der Berliner Mitte ist ein Stück näher gerückt. Mit der Machbarkeitsstudie ist zweierlei bewiesen. Erstens: Der Bund besteht auf einer öffentlichen, kulturellen Nutzung. Zweitens: Er ist auch willens, das nötige Geld dafür locker zu machen. Eine auf 30 Jahre gestreckte Finanzierung des Bundesanteils hat zudem den Charme, auch die künftigen Bundesregierungen zu beteiligen. Kein politisches Lager sähe sich alleine dem Vorwurf ausgesetzt, dass „die da oben den Arbeitslosen das Geld wegnehmen und sich dafür ein Schloss bauen“.

Die spannendere Frage ist freilich: Wie viel Schloss steckt noch im Schloss? Wenn das bisher in einem Berliner Vorort ansässige Museum für außereuropäische Kulturen in den Neubau zieht und damit ein „Dialog der Weltkulturen“ im symbolischen Ort des Preußentums stattfindet – gerät dann die historische Fassade nicht zur Maskerade? Die Preußen-Fans haben wenig Grund zum Jubel – auf dem Berliner Schlossplatz könnte nun ein Bauwerk entstehen, das sich allen Eindeutigkeiten verweigert und gerade in seiner Vielschichtigkeit das Signal für den Aufbruch in eine multikulturelle, hybride Zukunft gibt.

Wie und von wem der demokratische Bau mit seiner feudalen Fassade letztlich vereinnahmt wird, ist noch unentschieden – zu turbulent waren die Debatten unter den Befürwortern des Schlosses und des Palastes, Zwischennutzern und Rasenfreunden. Und es scheint, als würden die nächsten Jahre nicht weniger überraschend. Schließlich liegt eine feine Ironie darin, dass ausgerechnet der Bundestagsbeschluss von 2002 für die Preußenfassade den Ausschlag gegen eine kommerzielle Nutzung gab. Die einzig finanzierbare Alternative wäre wohl auf eine Shopping Mall hinter Glasfassade hinausgelaufen – was nicht viele Schlossgegner begeistert hätte.

Function follows form – nach diesem Stichwort könnte auch der weitere Umgang mit dem Ort verlaufen. Die Zwischennutzer in der Palastruine haben vorgemacht, was spielerischer Umgang mit einer Gebäudehülle heißen kann. Wär doch gelacht, wenn das nicht auch mit einer Preußenfassade gelänge. UWE RADA