: Das Rinderopfer des Douglas Hogg
Der britische Landwirtschaftsminister will heute seinen EU-Kollegen einen Anti-BSE-Plan vorstellen. Die Kommission versucht, Europas Rindfleischmarkt in Schwung zu bringen ■ Aus Brüssel Christian Rath
Heute diniert Kanzler Helmut Kohl beim britischen Premierminister John Major. Nicht nur auf der Tagesordnung steht britisches Rindfleisch. Auch die Speisekarte hat Beef im Angebot. Doch es gäbe Alternativen, versichert ein Regierungsbeamter aus der Downing Street. Sollte Kohl beim Gedanken an den Rinderwahn BSE der Appetit vergehen, muß er also nicht darben.
In Luxemburg werden sich heute und morgen die EU-Agrarminister ebenfalls mit BSE beschäftigen. Erwartet wird, daß der britische Minister Douglas Hogg mitteilt, wie seine Regierung besonders BSE-gefährdete Rinder entsorgen will. Durchgesickert ist bisher nur, daß die britische Regierung die sofortige Schlachtung von 41.000 Kühen plant.
Anfang des Monats hatten die Agrarminister beschlossen, den Briten eine Frist zu setzen. Bis zum 30. April sollten sie genau sagen, nach welchen Kriterien sie die betroffenen Rinder auswählen wollen, und wie deren Vernichtung überwacht wird. Konkrete Vorgaben machte die EU nicht. Doch klar ist: Nur wenn Hogg befriedigende Maßnahmen vorschlägt, kann er mit einer Aufhebung des EU-Exportverbots von Rinderprodukten rechnen. Und das ist das wesentliche Ziel der britischen BSE-Politik. Anfang April stimmte Hogg deshalb gegen das gesamte Maßnahmenpaket, weil kein konkreter Zeitplan für die Beendigung des Exportstopps vorgesehen war.
Konkrete Beschlüsse sind in Luxemburg entgegen der großen Medienaufmerksamkeit wohl nicht zu erwarten. „Wenn Hogg seinen Plan erst in Luxemburg vorlegt, dann kann er nicht erwarten, daß wir ihm sofort und ohne intensive Prüfung zustimmen“, hieß es dazu in Delegationskreisen. Eine Entscheidung wird wohl erst am 8. Mai fallen, wenn das ständige Veterinärkomitee ohnehin über die Aufhebung des Exportverbots berät. In diesem Ausschuß sind alle Mitgliedstaaten vertreten.
Die „nicht besonders gefährdeten“ britischen Rindern sind von dem heute vorgestellten Plan sowieso nicht betroffen; für sie gilt weiterhin der EU-Beschluß vom Anfang des Monats. Danach müssen sie nicht sofort geschlachtet werden, sondern können weiter für die Milchproduktion zur Verfügung stehen. Am Ende ihres Arbeitslebens müssen sie jedoch verbrannt werden, um zu verhindern, daß ihr Fleisch zu Tier- oder Menschenfutter verarbeitet wird. Zur Fleischproduktion sind nur noch britische Rinder zugelassen, die jünger als 30 Monate sind. Um den lahmenden Export von europäischem Rindfleisch auf den Weltmarkt anzukurbeln, erhöhte die Kommission am Freitag die Ausfuhrerstattungen um zwölf Prozent. Auch Aufkauf und Einlagerung von heimischem Rindfleisch sollen weitergehen. Die Interventionsmenge von 50.000 Tonnen war im April voll ausgeschöpft worden.
Unterdessen wurde aus Großbritannien ein neuer Fall der Creutzfeld-Jakob-Krankheit gemeldet. Ein fünfzehnjähriges Mädchen aus Glasgow wäre, wenn sich der Verdacht bestätigt, das weltweit jüngste Opfer der BSE-ähnlichen Krankheit. Bei dem Mädchen wurde erstmals ein amerikanischer Creutzfeld-Jakob-Test angewandt. Bisher konnte die Krankheit erst in einer Gehirnautopsie nach dem Tod festgestellt werden.
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