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■ Das PortraitToujan Faisal

Jordaniens erste weibliche Abgeordnete (rechts) nach dem Sieg Foto: Reuter

Bei den jordanischen Parlamentswahlen am vergangenen Montag hat es nur eine einzige Frau geschafft, in den 80köpfigen „Rat der Nation“ gewählt zu werden: Toujan Faisal. Sie gehört der kleinen tscherkessischen Minderheit des Landes an, deren Männer und Frauen über ein besonders hohes Bildungsniveau verfügen.

Faisal, eine 44jährige Mutter von zwei Töchtern und einem Sohn, hat an der Jordan University englische Literatur studiert und arbeitet gelegentlich als Journalistin. Ihren Ruf im konservativen Königreich erwarb sie sich durch ihren Feldzug gegen die Islamisten, die, trotz Stimmeneinbußen, auch im neuen Parlament wieder die stärkste Fraktion stellen. Und wenn diese gerade einmal einen unerklärten „Waffenstillstand“ einhalten und Faisal in Ruhe lassen, dann ist es manchmal sie, die eine neue Runde der Auseinandersetzung beginnt, so, als könne sie es einfach nicht

lassen.

In der zweiten Hälfte der 80er Jahre überraschte sie die meisten ihrer Landsleute durch ihre Fernsehsendungen: Zum ersten Mal wurden Themen wie Gewalt gegen Frauen oder die Rolle des Islam bei ihrer Unterdrückung öffentlich diskutiert. Erboste strenggläubige geistliche Gelehrte führten mehrere Prozesse gegen sie und forderten, Faisal als „Ungläubige“ zu bestrafen. Außerdem versuchten sie, eine Zwangsscheidung von ihrem Mann durchzusetzen. Sie argumentierten, daß nach islamischem Gesetz kein Muslim mit einer kafirah, einer „Gottlosen“, zusammenleben dürfe. Doch die Gelehrten verloren die Prozesse. Aber im Zuge dieser Kampagne wurde auch Faisals scharfe Zunge ruhiger und ihre aggressive Feder zurückhaltender. Und seit Jahren sieht man sie nicht mehr im Fernsehen.

Politisch läßt sich Faisal gerne als radikale Frau klassifizieren. Während des Golfkrieges stand sie, wie die Mehrheit ihrer MitbürgerInnen, an der Seite Saddam Husseins und seiner Armee. Bis heute ist sie ein beliebter Gast bei den Solidaritätskonferenzen in Bagdad. Ihre engen Bekannten beschreiben Faisal als eine Art weiblichen Don Quixote, der außer ihrer Zunge und ihrer Feder keine anderen Mittel zur Verfügung stehen. So gehört Faisal auch keiner Partei an, und in der bescheidenen Frauenbewegung spielt sie kaum eine Role. Khalil Abied

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