■ Das Portrait: Federica Montseny
Die spanische Anarchistin Federica Montseny ist tot. Und mit ihr verliert der Anarchismus eine der letzten Persönlichkeiten, die noch einer großen, die Gesellschaft gestaltenden anarchistischen Bewegung angehörte. Montseny, die während der spanischen Revolution von 1936 und des Krieges gegen den Faschismus bis 1939 den Höhepunkt ihres politischen Wirkens erlebte, war auch später in ihrem französischen Exil Anlaufpunkt für AnarchistInnen aus aller Welt.
In Madrid 1905 geboren, trat sie mit 17 in die anarchistische Gewerkschaft CNT ein. Damit betrat sie eine Lebenswelt, die in diesem von der alten Oligarchie, der Monarchie und dem katholischen Klerus geleiteten Land nach Freiheit, dem Ende der Ausbeutung und dem Aufbau einer gerechten Gesellschaft rief. Die CNT, die niemals über bezahlte Funktionäre verfügte und basisdemokratisch aufgebaut war, wurde mit über einer Million Mitgliedern zur stärksten Gewerkschaft in Spanien.
Mit Montseny verfügte die CNT über eine kämpferische und begabte Organisatorin und Rednerin. Nach dem Putsch Francos rückte sie in den engsten Kreis der anarchistischen Führungspersönlicheiten auf. Mit der Parole, durch die Revolution den Krieg zu gewinnen, verloren die Anarchisten jedoch schon im Herbst 1936 an Einfluß auf den Gang der Dinge in der Republik.
Für die Volksfront in die Regierung der spanischen Republik Foto: taz-Archiv
Denn angesichts des Waffenembargos gegenüber der Republik durch die westlichen Demokratien und der gleichzeitigen Unterstützung Francos durch Hitler und Mussolini gewannen die von Stalin gesteuerten Kommunisten und damit deren Forderung nach einer Volksfrontregierung an Bedeutung. „Erst den Krieg gewinnen, dann die Revolution“ war die Kompromißformel des Sozialisten Largo Caballero, in dessen Regierung – neben drei anderen Anarchisten – Federica Montseny am 4. November 1936 als Gesundheitsministerin eintrat. Zwar gelang es ihr, einige Reformen durchzusetzen – so wurde die Abtreibung erlaubt –, doch in der Folge war der „Sündenfall“, als Anarchistin die Konsolidierung des Staates unterstützt zu haben, ein Thema, das alle Debatten mit ihr durchzog. Federica Montseny zweifelte bis an ihr Lebensende an der Richtigkeit ihrer damaligen Entscheidung. Erich Rathfelder
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