■ Press-Schlag: Das Morgen stirbt nie – 007 greift ein
Diesmal löste James Bond im Auftrag Ihrer Majestät einen seiner kniffligsten Fälle. Und wie in den besten Zeiten des Geheimagenten, als noch ein Eiserner Vorhang die Welt in Gut und Böse teilte, kam der Schurke aus dem Osten. Im niederländischen Groningen brachte 007 den berüchtigten „Big Al“, Alexander Beljawski, zur Strecke. Der Ukrainer hatte in der 4. Runde der Schach-Weltmeisterschaft einen Landsmann Bonds geschlagen. Dessen Name ist Short, Nigel Short. Der Brite zeigte in der ersten Partie herrliches, riskantes Angriffsschach – ohne jedoch den verdienten Lohn für seinen Mut einzuheimsen. Er verlor und redete sich ein: „Ich scheide aus und muß meine Koffer packen.“
Doch das war nicht im Sinne des Vereinigten Königreiches. Klare Sache: ein Fall für 007. Zur Zerstreuung ging Short nach der Schlappe ins Kino und sah sich den neuen James Bond-Film „Tomorrow Never Dies“ an. Ein Motto, das den 32jährigen ebenso beeindruckte wie die Spezialeffekte des 85-Millionen-Dollar-Streifens. Dank Bond, der jede noch so ausweglos scheinende Situation meistert, schöpfte der Großmeister mit den strohblond gefärbten Haaren wieder Mut. Ohne Stuntman, aber mit zahlreichen spektakulären Action-Szenen auf dem Brett brachte der Engländer den verwirrten Big Al in nur 27 Zügen zur Strecke. Getreu dem Slogan „Das Morgen stirbt nie“ überlebte Nigel Short nach dem Ausgleich nicht nur den dritten Tag, sondern zog durch einen Sieg im Tiebreak, der in Groningen als Schnellschach gespielt wird, ins Viertelfinale ein.
Auch da hielt der 007-Effekt an. Die erste Partie gegen den Polen Michail Krasenkow entschied Short am Samstag ebenfalls für sich. Keine schlechten Voraussetzungen, sich doch noch für das Finale der Fide-WM zu qualifizieren, in dem es ab Januar in Lausanne darum geht, den Oberbösewicht aus dem Weg zu räumen: Anatoli „Checkmate“ Karpow, den skrupellosen Königinnenmörder aus Moskau. Hartmut Metz
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