: „Das Leben brummt“
Der dritte Tag der Haushaltsdebatte in der Bürgerschaft: Verkehrspolitik wird in Hamburg in erster Linie für die Autofahrer gemacht ■ Von Peter Ahrens
Verkehr ist Autoverkehr. Wenn, wie gestern in der Bürgerschaft über Verkehr gesprochen wird, dann wird über Straßenbau geredet, über das Auto als Mittel oder als Hindernis, sich fortzubewegen. Dass zum Verkehr auch gleichberechtigt Rad- und BahnfahrerInnen sowie FußgängerInnen gehören, müssen auch in der Haushaltsdebatte einige Abgeordnete noch lernen. So ging es in der Diskussion über den Verkehrsentwicklungsplan zuvörderst um das Thema: Wieviel Autoverkehr braucht eine Stadt?
Für die CDU und ihre lebende Spurrille im Parlament, den verkehrspolitischen Sprecher, Bernd Reinert, ist die Sache ohnehin klar: Es wird immer weniger Geld für Fahrbahn und Straßen ausgegeben, und Senator Eugen Wagner (SPD) ist lediglich „Ankündigungsweltmeister“. Straßenbauprojekte seien jahrelang verschleppt worden, die Verkehrsentwicklungsplanung werde auf dem Rücken der AutofahrerInnen ausgetragen.
Aber auch die Verteidiger der Senatspolitik haben vor allem das Auto im Blick. SPD-Verkehrspolitikerin Barbara Duden nannte es „eine Mär, dass die Stadt nicht zu erreichen“ sei, und Martin Schmidt (GAL) legte Wert auf die Feststellung, dass „es uns nie darum ging, den Autoverkehr grundsätzlich zu beseitigen“. Zudem seien die Negativfolgen des Autoverkehrs wie die Zahl der Unfälle oder die Verpestung der Luft in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen. Doch bevor Reinert Herrn Schmidt als Freund des Autofahrens in seinen Reihen begrüßen konnte, bekam die GAL noch die Kurve: Probleme wie Parkplatzverkehr oder Lärm seien nach wie vor ungelöst.
Selbst Regenbogen-Sprecherin Heike Sudmann widmete die meis-te Zeit dem Autoverkehr – wenn auch mit durchweg negativem Vorzeichen: Am Friedrich-Ebert-Damm werde unnötig Geld für den Straßenbau ausgegeben, die Entfernungspauschale bevorzuge die motorisierten PendlerInnen, und Kindern bleibe häufig nur die Windschutzscheibenperspektive, um Hamburg zu entdecken.
Mit solchen Vorlagen konfrontiert sah denn auch der Verkehrssenator keinen Anlass, andere Schwerpunkte zu setzen. 93 Prozent aller Straßen seien in Ordnung, „der Verkehr in Hamburg fließt“. Was die Opposition fordere, habe mit der Realität nichts zu tun, konstatierte Wagner, und hielt es im folgenden auch nicht für nötig, sich mit der Realität in Sachfragen auseinander zu setzen. Er beendete seine Rede mit den Worten: „Hier passiert etwas, das Leben brummt, wir lassen uns nicht einschüchtern von dummen Sprüchen, wir werden für diese Stadt alles tun, und die Lebensqualität wird steigen.“
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