: Das Jericho-Projekt
■ Eine Konzertreihe gegen Fremdenhaß: Die Mauern müssen fallen, findet die junge Initiative „SAfIR“
Wenn man erstens Musik liebt oder macht und zweitens gerade einen Lehrgang als PR-Berater/in absolviert und drittens findet, daß in Bremen dringend etwas getan gehört gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus — dann kann man das alles zusammenbringen. Nicht als Eintagsfliege, sondern als ein richtig andauerndes Projekt, als öffentlicher Kontrapunkt gegen Abwehr, für Neugier gegenüber dem und den Fremden: gerade das haben sich die fünf InitiatorInnen von „Safir“ ausgedacht: sie heißen Arno Armgort, Axel Heydekamp, Cornelia Suhr, Helga Thurn und Volker Schwennen.
Als PR-Leute wissen sie natürlich: Das Ding muß einen Namen haben. Alle Dinge! Deshalb heißt die Gruppe Safir im abgekürzten Sinne von: Solidarische Aktionen für Integration und Rechtsgleichheit. Und der Plan der fünf heißt „Jericho-Projekt“. Denn: Jericho aber war verschlossen und verwahrt vor den Kindern Israels, daß niemand aus oder ein kommen konnte, schrieb Josua in der Bibel, und die Safir-Leute in Bre
Jericho aber war verschlossen und verwahrt vor den Kindern Israels, daß niemand aus oder ein kommen konnte.
men überlegten: Durch unsere Städte ziehen sich Mauern, trennen das Fremde vom Vertrauten, die Normalen von den Ausgeflippten, und alle von unseren Nächsten. Was wir von den Fremden mögen, sind ihre Pizzas und ihre Synkopen. Das „Jericho- Projekt“ will die Sinne beleben und sagt: Die Mauern müssen fallen!
Damals ging das mit Trompeten. Heute spielen mehr Instrumente mit. „Selbst die, die lautstark und gewalttätig ihre deutsche Identität behaupten, tanzen nicht zu den Melodien der Wildecker Herzbuben, sondern zu Rhythmen akrikanischer Herkunft“, schreibt Safir in seinem PR-Papier.
Mit-Initiator Arno Armgort erklärt: „An Musik begeistert uns doch gerade die Vielfalt der Stile, das könnte man als Modell für gesellschaftliches Miteinander sehen. Und: Zeigt nicht die Musikgeschichte, daß Klänge, die beim ersten Hören schräg und fremd schienen, schließlich doch ganz normal rezipiert wurden, einfach dazugehörten?“ Beethovens späte Werke zum Beispiel galten seinen ZeitgenossInnen als disharmonisch und schlicht unhör- und unspielbar.
Safir schritt also zur Tat. In mehreren Konzerten mit wechselnden Gruppen will das Projekt die Vielfalt der aktuellen Musikstile, auch die Musik der ausländischen BremerInnen präsentieren.
Besonders in Stadtteilen mit hohem Ausländeranteil und aktiven Skin-Gruppen will Jericho die Nähe zum Problem suchen. Arno Armgort: „Es hilft nichts, radikale Jugendliche auszugrenzen. Man muß an sie heran — auch und gerade, wenn man ihr Tun für moralisch verwerflich hält.“
Bremer Bands sämtlicher Nationalitäten und Stile sollen Gelegenheit zu Auftritt, Austausch und Kooperation erhalten. Stilbrüche sind dabei durchaus gewollt, Ungewohntes und Überraschung soll Programm sein, Neugier und Toleranz soll das Publikum bitteschön mitbringen und entwickeln.
Zumindest das erste der geplanten acht Konzerte (Kosten insgesamt: rund 75.000 Mark) soll vor dem Start finanziell einigermaßen abgesichert sein. 2.000 Mark hat die Gewoba bereits zugesagt, andere SponsorInnen werden noch gesucht, einige Firmen bekunden bereits Interesse. Wenns klappt, geht es im April los, mit dem Auftakt-Konzert für ca. 3.000 Leute.
Die folgenden, für die Stadtteile geplant, werden kleiner dimensioniert, das letzte wieder groß, womöglich auch mit Trompeten. S.P.
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