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GASTKOMMENTARDas Gespenst des Bürgerkriegs

■ Die KSZE muß die Rechte nationaler Minderheiten garantieren

Mit dem Ende des Kalten Kriegs entstand ein neues Konfliktmuster, auf das das internationale Sicherheitssystem nahezu unvorbereitet ist. Wir riskieren momentan, die Gefahren, die durch den drohenden Zerfall des Sowjetimperiums drohen, zu negieren. Es geht um nichts weniger als um die Kontrolle des nuklearen Arsenals einer Supermacht. Nicht länger externe Aggression, sondern Implosion und Disintegration gefährden langfristig den Frieden und die Sicherheit Europas und der Welt. Es wird unsere Antwort auf diese Gefahr sein, die die Konturen der „Neuen Weltordnung“ bestimmen wird.

Der Sicherheitsrat der UNO war zwar für Konfliktfälle zwischen Staaten wie im Falle der irakischen Invasion in Kuwait konzipiert. Aber weder die UNO noch irgendeine multinationale Organisation haben ein Mandat für Konflikte innerhalb souveräner Staaten. Genau diese Art von Konflikt wird aber die Struktur internationaler Ordnung vor die Zerreißprobe stellen. Wie denn wird die Welt auf den Ausbruch eines Bürgerkrieges in der UdSSR oder in Jugoslawien reagieren? Das Baltikum, Georgien, Slowenien oder Kroatien mögen an das Weltgewissen appellieren, wenn sie mit Militärmacht kleingehalten werden: als nationale Minderheiten haben sie weder eine Vertretung in der KSZE, der EG, der UNO oder anderen internationalen Organisationen. Das internationale Sicherheitssystem ist vollkommen auf einer Von- Staat-zu-Staat-Basis aufgebaut. Die einzige Möglichkeit für neu proklamierte „souveräne“ sowjetische Republiken ist momentan die, sich aus dem Unionsverbund zu lösen und sich als unabhängige Staaten international um Anerkennung zu bemühen.

Im heutigen Europa sind zwei gegensätzliche Kräfte am Werk. Vom Westen her erfolgt eine bisher beispiellose Bewegung in Richtung supranationaler Integration im Rahmen der EG, im Osten zerfallen die Staaten aufgrund nationalistischer und ethnischer Xenophobie. Ein europäisches Haus, das die Grenzen nationaler Souveränität transzendierte, könnte auch den zentrifugalen Kräften, die sich gegen zentralistische Kontrolle auflehnen, Raum bieten. Auch ohne direkte Durchsetzungsgewalt hat sich die vor 15 Jahren unterzeichnete Helsinki-Akte durch die Verknüpfung von Menschenrechten und Sicherheitsfragen als relevanter Verhaltenskodex bei der Entwicklung der Ost-West- Beziehungen erwiesen.

Die meisten Staaten lehnen jegliche Antastung ihrer Souveränität ab. Sie befürchten, daß die diplomatische Vertretung von Kroaten oder Georgiern auch auf Basken, Wallonen, irische Katholiken oder andere angewandt werden könnte. Doch wenn der Westen bis zum Ausbruch eines Bürgerkrieges in Moskau wartet, wird es zu spät zum Handeln sein. Das Nationalitätenproblem in der UdSSR, Jugoslawien und sonstwo stellt eine Krise für ganz Europa dar. Nur eine europaweite Lösung, die die Rechte nationaler Minderheiten garantiert, bietet einen Ausweg. David Hoffman

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