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Das Geschäft der Entsorgungsmafia

■ Transnuklear: hochaktiven Atommüll nach Belgien gebracht und dabei Millionen verdient

Seit langem steht die bundesdeutsche AKW–Industrie vor dem Problem, hochgiftigen Müll zu entsorgen. Endlager gibt es nicht, und die Zwischenlagerung ist eng begrenzt. Aus diesem Dilemma, so die Informationen der taz, half Transnuklear. Durch Bestechung von Personal und Kontrolleuren im belgischen Mol und bundesdeutschen AKWs wurden den Belgiern hochgiftiger Atommüll untergeschoben. Dadurch sparte die AKW–Industrie riesige Summen und wurde ihr Zeug obendrein noch los.

Frankfurt (taz) - Nach offiziell noch nicht bestätigten Informationen der taz wurde hochradioaktiver Atommüll von bundesdeutschen AKW–Betreibergesellschaften als mittelradioaktiver Müll deklariert und über die Hanauer Transportfirma Transnuklear nach Belgien verbracht. In Mol wurde dieser hochradioaktive Abfall in Fässer für mittelradioaktiven Müll eingebunden und dann zwischengelagert. Hintergrund der Aktion, von der alleine die AKW–Betreibergesellschaften profitierten, ist das Preisgefälle bei der Entsorgung von Atommüll. Denn während für die „Einschweißung“ von hochradioaktivem Atommüll in Glas rund 100.000 Mark pro Copille (60 Liter) bezahlt werden müssen, kostet die „Einschweißung“ von mittelradioaktivem Atommüll in Bitumen nur 25.000 Mark pro Faß (220 Liter). Die AKW–Betreibergesellschaften schlugen bei diesem „Geschäft“ zwei Fliegen mit einer Klappe: Millionenbeträge wurden eingespart und der hochradioaktive Atommüll konnte „problemlos“ entsorgt werden. Damit das Ganze wie geschmiert laufen konnte, wurden diverse Bestechungsgelder ausgeschüttet. So mußten die Mitarbeiter der betroffenen AKWs, die die Falschdeklarationen durchzuführen hatten, und die Eingangskontrolleure im belgischen Atomzentrum Mol „ruhiggestellt“ werden. Noch ist nicht abschließend geklärt, ob die Bestechungsgelder komplett von der Transnuklear ausgeschüttet wurden oder ob die AKW–Betreibergesellschaften selbst die Hände im Spiel hatten. Mitarbeiter des Darmstädter Öko– Instituts äußerten gegenüber der taz die Vermutung, daß die Transnuklear die „prolemlose Entsorgung“ problematischer Atomabfälle als Serviceleistung „generell im Angebot“ gehabt habe. Damit sollte die Konkurrenzgesellschaft GNS (Gesellschaft für Nuklear– Service) in Essen aus dem Transportgeschäft katapultiert werden. Darüber hinaus existiert das Gerücht, daß die AKW–Betreibergesellschaften - allen voran die PREAG mit Sitz in Hannover - bestimmte Summen in die Schwarzkasse der Transnuklear eingezahlt haben könnte, damit die NUKEM–Tochter, die als Transportfirma sowohl mit den AKW–Ausgangsmitarbeitern als auch mit den belgischen Eingangskontrolleuren in Kontakt kam, die Gelder je nach „Notwendigkeit“ einsetzen konnte. Daß es dabei um riesige Summen ging, steht inzwischen außer Zweifel. Alleine der Ex–Transnuklear–Mitarbeiter, der vor Wochenfrist in der U–Haft in Hanau Suizid beging, soll - laut Staatsanwaltschaft - noch insgesamt 15 Millionen Mark in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. AKW– Mitarbeiter in Biblis (RWE), in Stade (PREAG), in Würgassen (PREAG), in Brokdorf (PREAG) und anderswo wurden mit Geld oder mit „Sachpreisen“ bestochen. So wurden etwa an den für die Entsorgung zuständigen Mitarbeiter des AKW–Brunsbüttel von der Transnuklear eine Türkei– Reise, ein Jagdgewehr, ein Farbfernseher und eine Kamera „ausgeschüttet“. Und der „Strahlenschützer“ des AKW–Stade bekam von einem Transnuklear–Mitarbeiter eine komplette Kücheneinrichtung bezahlt. Diese Details der Bestechungsaffäre wurden inzwischen von NUKEM–Sprecher Pompetzki bestätigt. Noch kann die Hanauer Staatsanwaltschaft nicht bestätigen, daß die als mittelradioaktiv deklarierten und von den Belgiern in Bitumen eingeschweißten und in Fässern verpackten hochradioaktiven Abfälle von der Transnuklear in die Bundesrepublik zurücktransportiert wurden. Wie Oberstaatsanwalt Schneider auf Nachfrage der taz erklärte, seien inzwischen rund 700 Fässer mit Atommüll sichergestellt worden. Zur Zeit könne allerdings noch nichts über Inhalt und ursprüngliche Herkunft des Materials gesagt werden. Wie die belgische Staatsanwaltschaft mitteilte, sei der von der Transnuklear in Mol angelieferte hochradioaktive Atommüll in Mol verblieben. Wie der Sprecher der Hanauer Umweltschutz–Initiative (IUH) und der Bürgerinitiative Aschaffenburg/Untermain, Eduard Bernhard, gegenüber der taz erklärte, stehe jetzt fest, daß sämtliche Atom–Kontrollinstanzen „schmählich versagt“ hätten. Bernhard richtete insbesondere schwere Vorwürfe an die internationale Kontrollbehörde IAEO, die sämtliche Abgänge an Atommüll zu überwachen habe, und an die Strahlenschutzbeauftragten der einzelnen AKWs - „falls die nicht alle zu den Bestochenen gehören sollten“ (Bernhard). Daß von der Transnuklear insgesamt zwölf „Kontrollfilter“ problemlos umgangen werden konnten, wertete Bernhard als „Bankrotterklärung für die gesamte Atomwirtschaft“: „Das ganze ist jetzt endgültig ein Fall für die Bundesanwaltschaft.“ Klaus–Peter Klingelschmitt

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