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Das Gerangel um den UNO-Chefsessel ist eröffnet

■ Amtsinhaber Butros Ghali kandidiert erneut. Die USA lehnen Wiederwahl ab

Genf (taz) – Das Rennen um den Posten des UNO-Generalsekretärs ist jetzt völlig offen. Nachdem Amtsinhaber Butros Butros Ghali am Mittwoch seine erneute Kandidatur offiziell angemeldet hatte, sprachen sich die USA gegen eine Wiederwahl des 73jährigen Ägypters aus. Mit seiner offiziellen Kandidatur, die er sechs Monate vor den entscheidenden Abstimmungen in der Generalversammlung und im Sicherheitsrat durch seinen Sprecher in New York verkünden ließ, beendete Butros Ghali monatelange Spekulationen über seine Absichten. Bei seiner ersten Bewerbung im Jahre 1991 hatte er die Stimmen einiger Regierungen mit dem Versprechen erhalten, er stehe nur für eine Amtszeit zur Verfügung. Ebenfalls am Mittwoch erklärten mehrere namentlich nicht genannte hohe Vertreter der US-Regierung, die Clinton-Administration sei gegen eine zweite Amtszeit von Butros Ghali und werde diese notfalls durch ein Veto im Sicherheitsrat (dem die letzte Entscheidung zukommt) verhindern. An dieser Haltung werde sich nichts mehr ändern. In einem Interview mit der New York Times erklärte Ghali allerdings, er hoffe, daß sich die Haltung der USA ändern werde.

Weder zwischen den nominierungsberechtigten UNO-Mitgliedsstaaten beziehungsweise Staatengruppen der verschiedenen Kontinente noch zwischen den – letzlich ausschlaggebenden – fünf ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates gibt es bislang Absprachen über Nachfolgekandidaten für Butros Ghali. Inoffiziell werden seit einiger Zeit Australiens Außenminister Gareth Evans und der Chefankläger des Internationalen Kriegsverbrechertribunals in Den Haag, Richard Goldstone, genannt. Mit Evans, Verfasser mehrerer Werke zur UNO-Reform, würde erstmals ein Vertreter Ozeaniens UNO-Generalsekretär. Der weiße Südafrikaner Goldstone erhielte die für einen Erfolg seiner Kandidatur unerläßliche Unterstützung der Staaten Afrikas allerhöchstens nur dann, wenn Präsident Nelson Mandela seine Bewerbung offiziell unterstützen würde. Überdies müßte ihn Mandela von dem Versprechen entbinden, im Herbst aus Den Haag auf den Posten des höchsten Verfassungsrichters Südafrikas zurückzukehren.

Erstmals in der 51jährigen Geschichte der UNO werden zumindest hinter den Kulissen auch mehrere Frauen für den höchsten UNO-Posten gehandelt. Am häufigsten wird dabei die japanische UNO-Flüchtlingshochkommissarin Sadako Ogata genannt. Allerdings muß die als praktisch und erfolgsorientiert geltende Japanerin davon ausgehen, daß ihre Wirkungsmöglichkeiten und ihr Popularitätsgrad im Amt des Generalsekretärs geringer wären als in ihrem derzeitigen Amt. Zudem hat China bereits angedeutet, es werde notfalls durch ein Veto im Sicherheitsrat verhindern, daß eine Japanerin auf den höchsten Posten der UNO kommt. Als mögliche UNO- Generalsekretärinnen gelten auch die Ministerpräsidentinnen Norwegens und Irlands, Gro Harlem Brundtland und Mary Robinson. Gegen beide dürfte eingewandt werden, daß nach dem Norweger Tryge Lie (1945-53), dem Schweden Dag Hammerskjöld (1953-61) und dem Österreicher Kurt Waldheim (1972-81) der/die nächste Generalsekretär/in der UNO nicht erneut aus Europa kommen kann. Mit dem Burmesen U Thant (1962-71), dem Peruaner Javier Perez de Cuellar (1982-91) und dem Ägypter Butros Butros Ghali (seit 92) kamen Asien, Lateinamerika und Afrika erst je einmal zum Zuge. Andreas Zumach

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