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Archiv-Artikel

hamburger szene Das Festmahl

Keine Ahnung, wo er herkam. Plötzlich steht er am freien, noch unabgeräumten Tisch vor meinem und inspizierte die Überbleibsel. Er schwankt. Was seine Entscheidung dann in eine Richtung lenkt, nämlich die, sich hinzusetzen, ist zweifelsohne das Stück Brot, das im Brotkorb seines Vorgängers liegen geblieben ist. Das greift er sich, steckt es in den zahnlosen Mund und als die Kellnerin kommt, um abzuräumen, fragt er, was denn mit der halbaufgegessenen Soße sei. Die nimmt sich die Soße und gibt ihm eine Speisekarte.

Ein Mann mit einem großen, weißen Pflaster setzt sich ihm gegenüber an den Tisch. „Sie gehören zusammen?“ fragt die zurückkommende Kellnerin erleichtert. „Nein, wir kennen uns nicht“, antwortet der Mann mit dem Pflaster. Und dann bestellen die beiden Herren und lassen ihre Weingläser klirren. Als das Brot an ihren Tisch kommt, rühren sie es nicht an, zu sehr sind sie im Gespräch vertieft, und wieso sich den Apetitt verderben, wo noch ein Hacksteak und ein Salat mit Scampi kommt? Nach dem Espresso zahlt der Mann mit Pflaster seinen Teil und geht.

Nachdenklich fängt der Übriggebliebene an, einen Kanten Brot im Mund herumzuschieben. Dann zahlt auch er, stemmt sich auf seine Füße, die aus zerlatschten Schuhen herausragen, greift die Zeitung vom Nebentisch und steckt sie zu der zerfledderten Bild. Draußen macht er am Mülleimer halt: kramt, findet nichts und schlürft um die nächste Ecke. REBECCA CLARE SANGER