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Das Ende der Täuschung

■ Zuviel »Trauerarbeit« in der Gethsemanekirche KOMMENTAR

Die Enttäuschung sei auch das Ende der Täuschung — diesen Gedanken konnte man vorgestern in der Gethsemanekirche nicht nur einmal heraushören. An diesem Abend hatten sich dort vor allem jene getroffen, die ein Jahr zuvor von hier aus den Aufbruch aus den Verkrustungen des real existierenden Sozialismus der damaligen DDR wagten. Angekommen in der Bundesrepublik, stehen sie heute vor den Trümmern ihrer Hoffnungen. Nach monatelanger Arbeit der Bürgerbewegungen im unabhängigen Untersuchungsausschuß, an den Kontaktelefonen, in den Bürgerkomitees zur Auflösung der Staatssicherheit und nicht zuletzt im Parlament sehen sie sich mit den Realitäten einer nicht gewollten Entwicklung konfrontiert. Doch die Antworten der schon wieder Oppositionellen sind Wehmut, Nachdenklichkeit, Nachsicht, Traurigkeit, Depression. Hatte man sich ein Jahr danach hier zusammengefunden, um über die verlorene Revolution zu jammern? Damals hatte Wolfgang Templin von der Initiative für Frieden und Menschenrechte gehofft, daß jene, die vor den Knüppelgarden der Polizei ihr Recht auf Freiheit und Menschenwürde verlangten, nicht so schnell in die alte Knechtseligkeit zurückfielen. Es ist längst Zeit, sich den neuen Gegebenheiten zu stellen. Und sei es, wie Marianne Birthler es vorgestern formulierte, damit das neue Deutschland von außen anders wahrgenommen wird als vor fünfzig Jahren. Die Bürgerbewegungen müssen wieder ihre Sprache finden, es wird vielleicht eine andere sein als damals. Aber mit Sprachlosigkeit und Ohnmachtsgefühlen sind die neuen Probleme nicht zu bewältigen. Anja Baum

Siehe auch Seite 6

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