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Das Bündnis 90 will grün werden

■ Streit um paritätische Besetzung von Bundesvorstand und Europaliste zwischen den West-Grünen und dem Bündnis 90/ Wolfgang Ullmann plädiert für die Vereinigung mit den Grünen

Berlin (dpa/taz) — Das Bündnis 90 ist am Samstag zu seiner ersten Bundesdelegiertenversammlung in Berlin zusammengetroffen, um über ein Zusammengehen mit den Grünen zu beraten. Wolfgang Ullmann vom Bundessprecherrat plädierte eindringlich für einen solchen Zusammenschluß. Beide Organisationen stünden vor der gemeinsamen politischen Aufgabe, die „Mauer der Ungleichheit“ zwischen Ost und West niederzureißen, sagte Ullmann. Das gelte zuerst aber für die „Mauer zwischen dem Bündnis 90 und den Grünen“. Ullmann nahm die Grünen vor Angriffen zu ihrer damaligen Haltung zur DDR in Schutz. Nicht die Grünen allein hätten die Zweistaatlichkeit akzeptiert. Den Grundlagenvertrag hätten 1972 nicht die Grünen unterschrieben. Die Einigung zwischen beiden Organisationen müsse durch „Einverständnis“ geschehen. „Man muß sich einigen, wenn das Projekt etwas werden soll“, meinte Ullmann. Auf dem Parteitag müsse die Grundlage für das Zusammengehen gelegt werden. Den Delegierten liegt ein Leitantrag vor, in dem ein klares Bekenntnis zur Marktwirtschaft und eine Absage an alle Sozialismusvorstellungen enthalten sind. Außerdem will das Bündnis 90, daß in den ersten sieben Jahren der Assoziation „der Bundesvorstand/Bundessprecherrat und die Europaliste paritätisch besetzt werden“ sollen.

Das stieß bei den Grünen auf Kritik. Christine Weiske, Vorstandssprecherin der Grünen, die neben Ludger Volmer den Parteitag beobachtet, sagte, daß die Grünen die paritätische Besetzung so nicht akzeptieren könnten. Es müsse ein Weg gefunden werden, den Schlüssel bei der Besetzung der Liste und des Vorstandes zugunsten des Bündnis 90 anzuheben, doch die Basis bei den Grünen könne „nicht weggedrückt“ werden. Sie hoffe auf eine Modifizierung des Leitantrages. In einem Brief des Grünen-Bundesvorstandes an die über 110 anwesenden Delegierten heißt es, „Festschreibungen auf sieben Jahre [...] werden unserer zukünftigen Kooperation die Fähigkeit rauben, auf die täglich neuen Herausforderungen einer sich verändernden Welt zu reagieren“.

In den Gesprächen müsse eine Gratwanderung riskiert werden „zwischen der Anerkenntnis, daß die Besonderheiten beider Partner gewahrt werden müssen und nicht dem Gesetz der größeren Zahl unterworfen werden dürfen, und dem Prinzip der innerparteilichen Demokratie, das nur begrenzt Einschränkungen der Gleichheit der Rechte der Mitglieder erlaubt“. Mit großer Mehrheit wurde der sächsische Landesverband von Bündnis 90/Grüne in den Bundesverband Bündnis 90 aufgenommen. Den Sachsen wurde eine einjährige Frist eingeräumt, in der sie aus dem Bundesverband ausscheren können, „wenn ein Zusammengehen von Bündnis 90/Grüne nicht zustandekommt“.

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