: Das Böse aus Bonn
■ Erste Bürgerschaftssitzung im neuen Jahr: keine Ideen gegen Arbeitslosigkeit
Als ob es in Hamburg nichts zu tun gebe, kreiste die Bürgerschaft gestern auf ihrer ersten Sitzung im neuen Jahr zunächst um das Böse aus Bonn. Erwartungsgemäß waren in der aktuellen Stunde zum Auftakt der Plenarsitzung die Meinungen über das Böse geteilt, galt es doch, sich für den Bundestagswahlkampf im Herbst warmzureden.
Die Regierung Kohl werde „die versprochene Halbierung der Arbeitslosenzahlen nicht erreichen“, meinte der neue wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion und Ex-Wissenschaftssenator Leonhard Hajen recherchiert zu haben. Diese Erkenntnis gehört zwar inzwischen zum Allgemeinwissen, das kann aber SozialdemokratInnen offenbar nicht davon abhalten, die Bonner Koalition ob der im Dezember 1997 erreichten neuen Rekordarbeitslosigkeit von 4,52 Millionen Menschen des „Wortbruchs“zu zeihen.
Und damit daraus kein Schiffbruch werde, assistierte der grüne Regierungspartner der SPD schon ganz hanseatisch-verantwortungsvoll, müsse man nun „das Steuer herumreißen“. Über die Richtung schwieg sich der GAL-Abgeordnete Norbert Hackbusch aber vorsichtshalber aus, das Ziel hingegen sei klar: Nur ohne Kohl könne es besser werden.
Grund genug für Johannes Mertens (CDU), Heinrich Heine zu bemühen: „Denk ich an Rot-Grün in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht.“Denn daß auch in Hamburg im Dezember vorigen Jahres mit 95.602 amtlich registrierten Arbeitslosen die Rekordquote von 13,5 Prozent verzeichnet wurde, sei ja wohl die Schuld der seit 40 Jahren dauerregierenden SPD.
„Stimmt nicht“, versetzte Wirtschaftssenator Thomas Mirow (SPD). Schuld sei der „Stillstand der Bonner Wirtschaftspolitik“. Nur über einen Politikwechsel in Bonn könne, so Mirow, „der verhängnisvolle Trend gewendet werden, dem wir uns in Hamburg mit dem bescheidenen Möglichkeiten der regionalen Wirtschafts- und Sozialpolitik allenfalls entgegenstemmen“könnten. Das tue der Senat „im übrigen entschieden“.
Am Stillstand auf dem Arbeitsmarkt in Bonn wie in Hamburg hat das allerdings bisher rein gar nichts geändert. smv
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