■ Bonn-apart: Das Bauernopfer der Regierung
In letzter Zeit wird viel geredet über die Opfer der Sparpolitik: die Sozialhilfeempfänger, die ABM-Kräfte, die Kranken und so weiter. Da wird viel Verständnis gezeigt von der Opposition und viel Trost gespendet im Bundestag. Eine Gruppe wird allerdings mitleidslos außen vor gelassen, diejenige ausgerechnet, die am meisten leidet: die Gruppe der Bauern. Die Bauern leiden ja ungemein. Sie müssen verflucht früh aufstehen, um den nervtötenden Hahn abzustellen. Sie finden keine Frauen, weil die keine dicken Kartoffeln mögen. Und vor allem stehen sie immer alle kurz vor der Pleite.
Die Bauern wären daher schon längst ausgestorben, wenn sie sich nicht, anders als Sozialhilfeempfänger, ABM- Kräfte und Kranke, beherzt aufgerappelt und qualifiziert hätten: als CDU-Wähler. Kaum jemand ist als Wähler so erfolgreich. Und so haben sie sogar die Lizenz, aus Nichts Geld zu machen. Sie machen Geld aus stillgelegten Äckern, aus Produkten, die niemand braucht, und was ihnen sonst noch so alles einfällt. Trotzdem reicht es natürlich nur zum Allernötigsten.
Deshalb hat sich die Regierung mal wieder eine existenzfördernde Maßnahme für ihre Bauern ausgedacht. Die Bauern leiden ja darunter, daß sie für die Berechnung der Bundeszuschüsse für ihre Rentenbeitrag ihre Steuererklärung abgeben müssen. Innerhalb einer gewissen Frist. Und das, obwohl Bauern so wenig Zeit haben. Folgerichtig versäumen etwa zehn Prozent von ihnen diese Frist. Ihre Einkommen werden dann geschätzt, und zwar in der Regel zu niedrig, weil sich niemand vorstellen kann, wie arm Bauern sind. Sie bekommen dann mehr Zuschüsse, als ihnen eigentlich zustehen.
Bisher war es so, daß sie die zuviel gezahlten Zuschüsse zurückzahlen müssen. Gemein, nicht? Greift man einem nackten Mann in die Tasche? Die Bundesregierung meint: nein. Sie will daher per Gesetz Abhilfe schaffen. Ein mißgünstiger Zweifler fragte in einer Ausschußsitzung, ob sich denn nicht diejenigen Bauern benachteiligt fühlen müßten, die ihre Steuererklärung rechtzeitig abgegeben haben. Ein Vertreter der „Bundes-Wählervereinigung“ der Bauern antwortete: „Das ist ja nicht deren Geld.“ Dazu fällt uns die Bauernregel ein: Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, regnet es Subventionen oder es bleibt, wie es ist. Markus Franz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen