: Das 700-Millionen-Risiko
■ Neue Klippen für den Bremer Haushalt 1994 / Ende Februar werden Vulkan-Aktien fällig
Während sich die Koalition heute auf Antrag der CDU im Parlament mit einem Haushaltsdefizit für das laufende Jahr von 200 Millionen Mark herumschlägt, sind die nächsten dicken Finanzbrocken schon in Sicht. Zwischen 500 und 700 Millionen Mark Risiken birgt der mit Mühe verabschiedete Haushalt 1994 noch, erklärte am Montag abend der Bremer Finanzsenator Volker Kröning (SPD) seinen verdutzten GenossInnen auf der Wahlkreiskonferenz im Bremer Osten. Gestern bestätigte er auf Anfrage: Auf Bremen kommt's ziemlich heftig zu:
-Neben den 125 Mio. Mark für die Beteiligung des Landes an der Klöckner-Interessentenlösung muß das Land Bremen noch rund 75 Mio. Mark für den Rückkauf von Land aus dem Besitz der Hütte zur Verfügung stellen.
-Ende Februar müssen die Aktien eingelöst werden, mit dem 1991 der Verkauf von Krupp-Atlas- Elektronik an den Vulkan-Verbund finanziert worden ist. „Die Banken machen eine Verlängerung der Frist nicht mehr mit“, erklärte Kröning gestern. Der Handel ging etwa so: Die Banken haben das Geld für den Kauf von Atlas Elektronik vorgeschossen, bekamen im Gegenzug Vulkan-Aktien mit dem Versprechen, die Aktien nach einer bestimmten Frist wieder abstoßen zu können. Und zwar zu einem Kurs von 125 Mark. Sollte die Aktie zum Tag X nicht soviel Wert sein, dann werde Bremen den Differenzbetrag aufstocken. Zwischen 80 und 120 Mio. Mark Ausfallrisiko muß wegen dieser Bürgschaft das Land jetzt zahlen. In den letzten Tagen lag der Kurs der Vulkan-Aktie knapp unter 100 Mark. Dazu kommen weitere 100 Mio. Mark Zinsen, die für diesen Deal gezahlt werden müssen. Insgesamt soll es sich nach unbestätigten Angaben um ein Aktienpaket für rund 350 Mio. Mark handlen, was etwa 19% der Gesamtaktien des Vulkan-Verbundes entspräche.
-Weitere 75 Millionen Mark muß das Land noch in diesem Jahr für das Investitionssonderprogramm (ISP) aufbringen. Das soll zwar aus den eingesparten Zinsen finanziert werden, die durch die Tilgung der Bremer Schulden entfallen: Die werden aber erst zum Jahresende erntereif sein und müssen deshalb vorfinanziert werden.
-Sollen die Stadtwerke anteilig verkauft werden, dann muß vorher die gemeinsame Holding BVV, an der die Stadtwerke und die Bremer Straßenbahn AG beteiligt sind, aufgelöst werden. Aus Grobeckers Zeiten liegt hier leider noch ein kleiner 100-Mio-Kredit verborgen, der vom land vor einer Auflösung natürlich zurückgezahlt werden muß.
Außerdem muß das Land Bremen in diesem Jahr noch 330 Mio für die Schuldentilgung zahlen. „Wir kommen deshalb um die Veräußerung von städtischen Gesellschaften nicht herum“, erklärte Kröning gestern erneut. Wenn es richtig sei, daß die Preag für 24,9% Stadtwerke-Anteile 300 Mio. Mark zu zahlen bereit sei, dann „reicht das für die Finanzierung der Risiken bei weitem nicht aus“. mad
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