: Daimler/MBB: „Kollegen haben Angst“
■ SPD-Unterbezirk Bremen-West debattierte über die Machtlosigkeit der Politik angesichts der Konzern-Fusion / MBB-Vertrauenskörperleiter berichtete über bedrohte Arbeitsplätze
Durch die Fusion Daimler/MBB entsteht ein „Riesenmonopol“, das die politische Macht „jederzeit erpreßbar macht“, hatten die Genossen vom SPD-Ortsverein Westend in ihren Entschließungsantrag hineingeschrieben. Früher sei viel über Stamokap geredet worden, - staatsmonopolistischer Kapitalismus, erläuterte Torben Mammen diese Erklärung, „was hier passiert, ist genau das“. Fazit: „Der Bremer Senat wird deshalb aufgefordert, die Fusion von Daimler Benz und MBB abzulehnen.“ Aber schließlich zog der Ortsverein beim SPD-Unterbezirksparteitag den Antrag zurück.
Vor allem der Leiter der gewerkschaftlichen Vertrauensleute bei MBB, Rainer Kegler, hatte den Delegierten die Zwänge des „Stamokap“ am Beispiel erläutert: „Beschließt ruhig: Wir wollen die Fusion nicht! - sie wird leider kommen.“ Es bleibe, „das bei MBB an Arbeitsplätzen zu retten, was zu retten ist“. Und Keg
ler präzisierte, was bedroht ist: vor allem der Unternehmensbereich Marinetechnik, der „von seiner Struktur her nicht überlebensfähig“ sei, wenn der Transport-Bereich wegfalle. Das sei „hauptsächlich eine Rüstungsbude“, dennoch: auch hier gebe es Kollegen, und die hätten „Angst“. In Süddeutschland stünden schon die „Leichenfledderer“.
Ähnliches gelte für den Raumfahrtsektor. Bei Erno gebe es 0% Rüstung, über die bemannte Raumfahrt könne man natürlich streiten, aber: „Auch die Kollegen haben Angst“. Sorge gebe es zudem, ob der Airbus-Flügel-Auftrag wirklich nach Bremen komme: „Auch in Hamburg wird eine Startbahn gebaut.“ Im Betrieb, so Kegler, gingen Gerüchte, daß leitende Beschäftigte sich schon in Hamburg nach Immobilien umsähen.
Bürgermeister Scherf machte klar, daß selbst der Bremer Senat wenig Einfluß habe: „Wir sind
bisher überhaupt nicht gefragt worden.“ Keiner wisse, was werde. Scherf wandte sich gegen die Hoffnung, ein Arbeitskreis Alternative Produktion könne mehr als eine „Geste“ sein. Er konnte - wenn überhaupt - nur Hoffnung darin sehen, daß der Daimler-Konzern selber die Rüstungsproduktion als Sackgasse erkennt. Dagegen wies der Delegierte Christoph Butterwegge darauf hin, daß Daimler gerade dabei ist, ins europäische Rüstungsgeschäft massiv einzusteigen: „Daimler wird um ein Vielfaches agressiver, wenn es MBB geschluckt hat.“ Der Rüstungsbereich könne zudem besonders interessant werden, wenn in den 90ern die Autokrise droht.
Beschlossen wurde schließlich das, was Redner die „augenzwinkernde Ablehnung“ der Fusion genannt hatten: Der Unterbezirk West ist dagegen, aber dafür, daß sich der Senat im Zweifelsfall mit einer Kapitalerhöhung beteiligt.
K.W.
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