: DOITSCHFLACHFANK
■ „Overhead“ im Flöz
Der Bär auf dem Försterball, verirrt aufs Feuerwehrfest, Joe's Biersalon auf Bädertournee? Neinnein, es ist das gute alte Flöz mit seinem kommunistischen Charme, in das acht halbjunge Menschen der Sorte schneidig - schnittig schnickschnack einfallen, wie das sonst nur der Iwan kann, wenn er über Alaska kommt: böse. Funk und Soul verspricht Familie Overhead, tüchtige Rias-Zwei-Hörer allesamt und den Plattenschrank voll whockeditschakk.
Ta-ta-ta-taa-da, I want your body, noch dazu dancin‘ all over the floor, so stellen sie sich und uns ein Klasseleben voll highlife und alles vor. Neu ist diese Art Schablonen-, Party- und Seid-ihr-alle-gut-drauf-Musik ohnehin nicht, aber manche Bands, die in dieser Stadt den keep smiling Negerstiefel durchziehen und mit zähnefletschend guter Laune und Tanz tingeln, haben ihr Zeug wenigstens handwerklich im Griff. Bei Overhead kriegen die Instrumente nur eins: Dresche.
Die Grooves schweben und federn nicht, da wird nur gehackt, darf's noch ein Viertel mehr sein?, der Trompeter verschludert Einsätze, nimmt damit Tempo und Schärfe aus den Funk-Phrasierungen des Bläsersatzes, Breaks kommen ungenau, verschleppt und breiig. Mit fröhlichem Dilettantismus hat das Tralala aber nichts am Hut, sondern präsentiert sich donnernd im Motzergestus. Dafür zeichnet hauptverantwortlich der Sänger, der seine geballte Ost-Aura durchaus verzweiflungsfördernd versprüht: hoho, sindwa abba wieda locka hoite. Dazu Fingerschnippen und Händeklatschen, eine Stimme, die an Roger Chapman geschult scheint, kräftig, mit Vibrato usw., nur daß sie in den höheren Lagen allenfalls ungern trägt.
Vom Keyboard-Bediener spricht der Sangesmann stolz, nein, diesem Ausdruck möchte ich nicht wiedersprechen. Reißerisch, schwülstig und feist nudelt sich die Chose herunter, da prickelt nichts, es gibt keine innere Spannung, kein Pulsieren, keine Dynamik, hohl und flach wird drauflosgeschlagen. Die Soul-Balladen sind ohne Seele, es ist Simulation. Krachend und brachial bollert ein Bass -Schlagzeug-Duett (der Sänger sagt: unser Zweierpasch), Musik ist eine Sprache, aber diese Leute sprechen sie nicht, kloppen nur aneinander vorbei ad absurdum. Allein der Gitarrist, vor vier-fünf Jahren mal bei Magnetic Zock, taugt etwas, rhythmisch zumindest, in den Soli greift er auch lieber zum Pathos von der Second-Hand-Stange.
Musiker sein ist ein Leben, kein Schwurbel; es reicht nicht, sich mit ein paar Freunden in den Keller zu stellen und zwei Jahre rumzufummeln, um dann begeistert von sich selbst anderen Bekannten ein Ergebnis vorzusetzen, das der Abklatsch vom Abklatsch ist, Muzak, die nichts anderes will als sich unendlich oft reproduzieren; da sie aber irgendwo einen Plattenvertrag bekommen haben, werden sie ganz sicher sein, was sie Donnerwetter Donnerwetter doch für Kerle sind.
No regret when I say good-bye, winken uns Sänger und Kollegin zum Abschied der Lauwarmveranstaltung zu, als ständen sie applausumtost im Wembley-Stadion; nein, die bedauern nichts, merken nichts, life is a blablabla, nooo, jä nä rägrätte riääh.
wiglaf droste
Overhead am Donnerstag ab 21 Uhr im Flöz und am Freitag ab 22 Uhr im Quasimodo.
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