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DIE TOBIN-STEUER TAUGT NICHT ALS ANTI-TERROR-MASSNAHMEDie vermeintliche Macht des Dollars

Noch ist nicht entschieden, ob sich die Wirtschafts- und Finanzminister der EU am kommenden Wochenende tatsächlich im belgischen Lüttich treffen. Und wenn, ist auch noch nicht sicher, ob angesichts der Ereignisse in den USA, der Entwicklung an den Weltbörsen und möglicherweise in Afghanistan die bisherige Tagesordnung beibehalten wird. Auf ihr befindet sich bis heute die Idee der „Tobin Tax“, einer weltweiten Steuer auf Währungsgeschäfte, die die Spekulation auf den Finanzmärkten begrenzen und zugleich Entwicklungsprojekte finanzieren soll.

Bis vor kurzem hat wohl kaum jemand geglaubt, dass sich die EU-Fachminister so schnell mit dieser Steuer beschäftigen würden. Bis vor kurzem – das ist bis zum letzten Industrieländer-Gipfel in Genua, der Hunderttausende von GlobalisierungskritikerInnen mobilisierte, die die Einführung der Tobin Tax verlangten. Die Machbarkeit dieses Projektes ist zwar umstritten, aber immerhin taugt es zur Diskussion selbst auf hoher politischer Ebene.

Doch die Anschläge in den USA haben auch die Diskussion um die Tobin-Steuer verändert – und zwar moralisch. Die Tobin Tax ist auch deswegen so populär, weil sie Geld von denen zu nehmen schien, die darüber reichlich verfügen: die großen Devisen- und Wertpapierhändler in Manhattan. Jetzt aber taugen sie nicht mehr zur Selbstbedienung: Die Börsen sind verunsichert, und einige Firmen existieren schlichtweg nicht mehr – ihre Angestellten starben im World Trade Center.

Deswegen wird die große Protestdemonstration der Globalisierungskritiker am Wochenende in Lüttich einen anderen Charakter bekommen: Sie wird sich zur Friedensdemonstration wandeln und die Tobin-Steuer als Antiterrormaßnahme anpreisen. Denn mit ihr würden die Ungerechtigkeiten der Weltwirtschaft gemildert und damit die Wahrscheinlichkeit militanter Angriffe reduziert. Gerade die neue Qualität der Globalisierung bedrohe immer mehr Menschen und treibe sie zu Verzweiflungs- und Racheaktionen.

Aber diese Einschätzung geht an den Hintergründen des Anschlags vorbei. Es handelt sich um politische Probleme, die nicht auf die Globalisierung zurückzuführen sind. Der militante Islam der Moderne wurzelt in den antikolonialen Befreiungsbewegungen, und es ist vulgärer Ökonomismus, die Israel-Politik der USA in den Kategorien der Globalisierung zu erklären. Dahinter steckt im Kern ein tiefes Vertrauen in die Macht des Dollars: mit ein bisschen Geld aus der Tobin-Steuer ließe sich die Verweltlichung des Islam erkaufen.

DIETMAR BARTZ

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