DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Helden brauchen Ruhe
KURZARBEIT Nach der 117-jährigen Japanerin Misao Okawa ist nun die US-Amerikanerin Gertrude Weaver im Alter von 116 Jahren verstorben. Sie war Okawa als älteste Person der Welt nachgefolgt – für nur sechs Tage
Supercentenarians. Das klingt mal geil nach Superhelden, nach Marvel Comics, nach Hollywood-Verfilmung, nach Blockbuster mit Hugh Jackman. Klar, dass jeder zu diesem Kreis von Powermenschen gehören will. Dafür braucht es allerdings ein bisschen Geduld. Supercentenarians sind mindestens schon 110 Jahre dabei. Davon gibt’s nicht unendlich viele.
Doch das Warten kann sich lohnen: Als Supercentenarian kann man nämlich … tja … man kann … äääh … na ja, man kann halt irgendwann zum Ober-Supercentenarian aufsteigen. Dann ist man das, was Meister Splinter für die Turtles war: Anführer mit klugen Ratschlägen – aber ohne wirklich noch mitboxen zu müssen.
Die Japanerin Misao Okawa war knapp 22 Monate lang die Anführerin der Alten. Dann verstarb sie am 1. April dieses Jahres. An ihrem 117. Geburtstag war sie noch gefragt worden, wie sie sich ihr langes Leben erklären könne. Ihre Antwort: „Da wundere ich mich auch drüber.“ Klassisches, cooles Superhelden-Understatement. I’ll be back.
Nun brach die Ära von Gertrude Weaver an. Doch sie währte nur kurz. Am 6. April starb Weaver in einem Pflegeheim im US-Bundesstaat Arkansas. Lediglich sechs Tage war sie, die 116-Jährige, Ober-Supercentenarian.
Nun finden sich nur noch drei Supercentenarians auf der Liste der ältesten Menschen, die die US-amerikanische Gerontology Research Group pflegt, die bereits im 19. Jahrhundert geboren wurden: Jeralean Talley (USA), Susannah Mushatt Jones (USA), Emma Morano-Martinuzzi (Italien). Alle Jahrgang 1899.
Die Tabelle umfasst jedoch nur 52 Personen. Fünfzig Frauen, zwei Männer. Sie alle sind „überprüfte lebende Supercentenarians“, deren übermenschliche Kräfte von irgendwelchen Jungspunden verifiziert wurden. Die tatsächliche Zahl der Menschen jenseits der 110 Jahre dürfte allerdings deutlich größer sein. Es könnte also gut sein, dass irgendwo da draußen ein noch älterer Mensch lebt.
Besser für ihn oder sie wäre es wohl, sich nicht zu stellen, sondern weiter im Supercentenarian-Untergrund zu leben. Denn das Amt, der Stress, das Alter vertragen sich nicht gut. Auch Superhelden brauchen schließlich mal Ruhe und Anonymität. Fragen Sie mal Batman! JÜK