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DIE ANNÄHERUNG ZWISCHEN SPD UND PDS IST PURE WAHLTAKTIKMechanismus Aufregung

Wann immer es auf Bundesebene um die politische Potenz der PDS geht, rastet Mechanismus Aufregung ein. Die Politstrategen vermeiden tunlichst, dieses Phänomen näher zu erklären. Aus gutem Grund: Sie nutzen es für eigene Interessen und parteitaktische Spielchen.

Nehmen wir die gemeinsame Nahrungsaufnahme von Kanzler Schröder und PDS-Chef Bisky. Die Garnierung „privat“ machte das Dinner besonders pikant. Der Kanzler mit dem Oberstalinisten in gelöster Atmosphäre? Spätestens nach dem letzten Bissen war Aufgeregtheit angesagt: Die SPD-Basis kritisiert die „Umarmung“, Medien warnen vor den Verfassungsfeinden in der PDS, die Union schreit laut „Skandal“ und sieht die letzte Schamgrenze „gegenüber den SED-Nachfolgern“ verletzt.

Die pure Heuchelei. Es geht nicht um Schamgrenzen, nicht um Hemmschwellen, historische Schuld oder ähnliche moralische Kategorien. Es geht schlichtweg um Macht und Machterhalt. Ab sofort jongliert der Machtmensch Schröder nicht mehr nur mit zwei, sondern mit drei möglichen Bündnispartnern. Zwar beeilte sich SPD-General Franz Müntefering gestern, ein rot-rotes Bündnis auf Bundesebene auszuschließen. Die Annäherung zwischen seiner Partei und der PDS sei aber eine Frage von ganz nüchternem politischem Kalkül. Übersetzt heißt das: Mit dem Mittagessen sollten die Bündnismöglichkeiten der Sozialdemokraten erweitert, die der Union beschnitten werden. Und es sollte natürlich die Grünen disziplinieren: Wenn ihr nicht folgt, können wir auch anders „linke Politik“ in diesem Lande machen. Falls wir das irgendwann mal wieder wollen.

Ein Mittagstisch, der die PDS aufwertet? Eine hübsche Mär, die allenfalls im ahnunglosen Westen Früchte trägt. Im Osten nämlich ist die PDS längst sozialdemokratischer Bündnispartner. Die rot-rote Koalition in Mecklenburg läuft geräusch- und reibungslos, die Sachsen-Anhalter Tolerierer wollen nach der nächsten Wahl heiraten. In Berlin unterstützt die PDS den SPD-Bürgermeisterkandidaten im neu entstehenden Stadtteil Pankow-Weißensee-Prenzlberg. Die SPD im Gegenzug die PDS in Friedrichshain-Kreuzberg.

Gestern nun dinierten in Berlin die Spitzen von CDU und Bündnisgrünen. Neben einem gewissen Sättigungsgefühl ging es vor allem um Fragen der Macht. Vor zehn Jahren hätte ein solches Treffen mit Sicherheit Mechanismus Aufregung ausgelöst. Heute ist das politischer Alltag. Schließlich sind die Grünen eine etablierte Partei. Wenn das auch der PDS ins Haus steht, dann kann sie auf ruhigere Mittagspausen hoffen. NICK REIMER

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