DFB-Pokalsieger: Die Helden von Berlin
Werder Bremen wird nach seinem 1 : 0-Sieg gegen Bayer Leverkusen zuhause von zehntausenden Fußballfans stundenlang und enthusiastisch gefeiert
Leise, ganz leise summt es auf seinen Lippen, das Werderlied: " ...und haben den Pokal." Die dunklen Augen blicken nachdenklich in ein halb volles Bierglas, in die Ferne, wieder hinunter vom Rathausbalkon, auf den Marktplatz. Zehntausende BremerInnen feiern ihn dort frenetisch, seit gut einer Stunde schon.
Ihn, Diego Ribas da Cunha, die ganze Mannschaft, den DFB-Pokalsieger Werder Bremen. "So sehen Sieger aus, Schalalalala." Neben ihm steht übermütig, übernächtigt, überglücklich Landsmann Naldo im offenen Hemd, Per Mertesacker im Arm. Inbrünstig singen beide in irgendein Radiomikro, immer wieder auf und ab hüpfend. Szenen einer Party.
Ein kleiner Junge, kaum zehn Jahr alt, hat unten einen Platz in der erster Reihe ergattert, ausdauernd hält er ein handgemaltes Plakat hoch. "Goodbye Diego. We love you", steht in blauen Lettern darauf gemalt. "Ich liebe Werder Bremen", wird der so Verehrte nachher sagen und vom besten, emotionalsten Moment in seiner Karriere sprechen, dazu wieder sein strahlendes Siegerlächen aufsetzen. "Di-Di-Dieeeego", tönt es von unten, immer wieder.
Drei, vier, fünf Stunden haben abertausende Werder-Fans an diesem Sonntagmorgen auf ihre Mannschaft und den güldenen DFB-Pokal gewartet. "Wir wollen die Mannschaft sehen", singen sie, die Straßen vom Bahnhof in die Bremer Innenstadt säumend, grün-weiße Fahnen schwenkend. Sie stehen vor dem Dom, um den Roland, in den anliegenden Straßen, überall dort, wo man vielleicht noch einen Blick auf den Balkon erhaschen kann.
Oder wenigstens auf eines der 22 offenen Cabrios des Autokorsos, in dem vorneweg Werder-Trainer Thomas Schaaf und Manager Klaus Allofs fahren, mit dem Pott in der Hand. Kurz vor eins sind sie im Sonderzug auf dem Bahnhof eingelaufen, ebenda empfangen von 3.000 Fans. Fast zwei Stunden werden die Werderaner für den Weg zum Rathaus brauchen.
"Es ist immer wieder irre, unglaublich, so herzlich empfangen zu werden", sagt Schaaf während der Feier in seiner gewohnt uneuphorischen Art, "man kann das gar nicht richtig in Worte fassen." Für ihn ist es schon das dritte DFB-Pokalfinale mit Werder Bremen, nach 2004 der zweite Pokalgewinn.
Mehr als 8.000 Fans haben das Spiel allein beim "Public Viewing" am Domshof verfolgt und bis in die frühen Morgenstunden auf den Straßen gefeiert. Einen 1 : 0-Sieg im Finale gegen Bayer 04 Leverkusen, vor allem aber einen weiteren Sieg über den Erzrivalen Hamburger SV. "Seht ihr Hamburg, so wird das gemacht", war einer der immer wieder zu hörenden Sprechgesänge.
Und auf der Sielwall-Kreuzung, wo zur Feier eines Fußballtages traditionell immer Fußball gespielt wird, haben sie an diesem Samstagabend große Papierkugeln als Bälle benutzt. Als Erinnerung an das UEFA-Cup Halbfinale gegen den HSV, wo eine ebensolche Kugel auf dem Spielfeld eine Ecke verursachte, aus der ein Tor wurde, das nachfolgend Werder den Sieg bescherte.
Alle Feiern verliefen friedlich: Die Polizei meldete keine Zwischenfälle.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“