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DERTIP Verbotenes Kaninchen

(Das Kaninchen bin ich, 20.55 Uhr, DFF 1) Auf internationalen Festivals zwischen Berlin und Locarno sind sie inzwischen reichlich gelobt und ihre Regisseure gebührend rehabilitiert worden: Die sogenannten „Schubladenfilme“ der DDR. Nach dem berüchtigen 11. ZK -Plenum der SED wurde 1965 nahezu die ganze Jahresproduktion der DEFA mit dem Brandmal des spießbürgerlichen Skeptizismus und Antisozialismus geächtet und in den Tresoren der Zensoren verschlossen. Kurt Maetzigs moralisches Lehrstück Das Kaninchen bin ich nach dem gleichnamigen Buch von Manfred Bieler war der erste DEFA-Film, den dieses Urteil traf.

Erzählt wird die Geschichte der jungen Kellnerin Maria (Angelika Waller), die Anfang der 60er Jahre nicht studieren darf, weil ihr Bruder wegen staatsfeindlicher Hetze im Knast sitzt. Unglücklicher Weise verliebt sie sich genau in den Mann, der das ungerechte Urteil zu verantworten hat, den Staatsanwalt Paul. Der kennt keine Gnade. Erst als in der sozialistischen Tauwetterperiode der Chruschtschow-Ära ein liberaleres Strafrecht in Mode kommt, will er Maria helfen. Natürlich seiner Karriere wegen. Maetzig, der in seinem Film Lüge und angepassten Karrierismus geißelte, schwor nach dem 11. Plenum reumütig ab. Im 'Neuen Deutschland‘ erschien seinerzeit seine Selbstanklage, in der er sich nachdrücklich entschuldigte, ein solch antisozialistisches Machwerk produziert zu haben. Lang ist's her. Heute brüsten sich die DDR-Kulturverwalter gerade mit diesem halben Dutzend verbotener Filme.

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